EU akzeptiert Gesetz zu Fahrverboten: In Deutschland darf es mehr stinken

Wenn in Städten die Grenzwerte für Stickstoffdioxid leicht überschritten werden, sind Fahrverbote künftig unzulässig. Es geht um bis zu um 10 Mikrogramm.

Menschenmenge mit gelben Warnwesten

Gelbwesten in Stuttgart auf einer Demo gegen Diesel-Fahrverbote Foto: dpa

BRÜSSEL taz/afp/dpa | Die EU-Kommission verzichtet offenbar auf ein Veto gegen einen Gesetzesplan der Bundesregierung, der Dieselfahrverbote in vielen Städten verhindern soll. Das berichteten die Zeitungen der Funke Mediengruppe am Donnerstag unter Verweis auf Brüsseler Quellen. Bei geringfügigen Überschreitungen der europaweiten Stickoxid-Grenzwerte wären Diesel-Fahrverbote demnach in der Regel unverhältnismäßig – und damit nicht zulässig.

Die Regierung in Berlin hatte Mitte November eine Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes beschlossen, mit der die Einführung von Diesel-Fahrverboten erschwert werden soll. In dem Gesetz stellt die Regierung unter anderem fest, dass Fahrverbote in Städten mit einer Stickoxid-Belastung von weniger als 50 Mikrogramm je Kubikmeter Luft im Jahresmittel unverhältnismäßig wären. Der gesetzliche Grenzwert liegt eigentlich bei 40 Mikrogramm. Deutschland die EU-Kommission Mitte November von dem Gesetzesplan unterrichtet. Die Drei-Monats-Frist zur Überprüfung durch die Kommission endet Mittwochnacht.

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Sören Bartol, begrüßte die Entscheidung. „Es ist ein positives Zeichen, dass die EU-Kommission offenbar der Einschätzung der Koalition folgt, dass Verkehrsverbote in Gebieten, in denen bei Stickstoffdioxid der Wert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel nicht überschritten wird, in der Regel nicht erforderlich sind“, sagte Bartol der Düsseldorfer Rheinischen Post.

Die grüne Europa-Abgeordnete Rebecca Harms hingegen warnt vor zu viel Optimismus in Deutschland: „Die Behauptung, dass die EU-Kommission von den geltenden Grenzwerten für Stickoxid in den Städten abrücken würde, weil sie die deutsche Gesetzesänderung nicht beanstandet hat, grenzt an mutwillige Falschinformation“, sagt Harms. Es ist nicht die Aufgabe der Kommission zu entscheiden, mit welchen Mitteln die Grenzwerte erreicht werden sollen, und sie lässt sich zu Recht nicht den Sündenbock für unbeliebte Fahrverbote zuschieben. An der Verbindlichkeit der Grenzwerte ändert das rein gar nichts.“

Unterdessen sieht der Kieler Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden als mögliches Vorbild. „Es ist sicherlich eine Prüfung wert, ob wir im Wiesbadener Maßnahmenpaket noch Ideen finden, die auch für Kiel interessant sind“, sagte Kämpfer am Donnerstag. Die von Kiel und Wiesbaden vorgeschlagenen und ergriffenen Maßnahmen im Kampf gegen Diesel-Fahrverbote seien ähnlich: „Besseres Verkehrsmanagement, Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, mehr Elektromobilität und mehr Fahrradverkehr setzen wir auch in Kiel um.“

Wiesbaden hat mit einem Maßnahmenpaket für bessere Luft ein Diesel-Fahrverbot abgewendet. Der Streit mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und dem Verkehrsclub Deutschland (VCD) um zu hohe Schadstoffwerte war am Mittwoch beigelegt worden. Als Kläger erklärte die DUH vor dem Verwaltungsgericht, die umgesetzten sowie die geplanten Maßnahmen zur Luftreinhaltung der Kommune reichten voraussichtlich aus, um die Belastung mit Stickstoffdioxid (NO2) zu senken.

Nach Angaben des Umweltbundesamts rangierte Kiel 2018 mit einem Jahresmittel von 60 Mikrogramm je Kubikmeter Luft am Theodor-Heuss-Ring bei den am stärksten belasteten Städten auf Platz drei nach Stuttgart und München. Der EU-Grenzwert beträgt 40 Mikrogramm.

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