Stefan Alberti über die CDU-Chef-Ambitionen von Kai Wegner
: Schlechtes Timing, konsequente Entscheidung

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Stefan Alberti

ist Redakteur für Landespolitik.

Das Timing könnte kaum schlechter sein: Die Landeschefin Monika Grütters beim Parteitag acht Tage vor der Europawahl am 26. Mai ablösen zu wollen, vergrößert nicht gerade die Chancen der Berliner CDU auf einen Sitz im Europäischen Parlament. Aber wenn Kai Wegner wirklich mit Blick auf die aus Berliner Sicht wichtigere Wahl zum Abgeordnetenhaus 2021 etwas bewegen will, dann muss er tatsächlich jetzt den Parteivorsitz beanspruchen. Die nächste Vorstandswahl ist erst im Wahljahr selbst, zu spät für Korrekturen.

Wegner hat seine Ambitionen am Dienstag nicht bestätigt. Aber er hat sie auch nicht dementieren wollen. Und sein Nicht-kommentieren-Wollen klang am Telefon mehr wie eine Formalie und überraschte auch nicht. Denn es gärt seit Langem in der Berliner CDU: Grundsätzlich ist Grütters vielen zu wenig präsent, hinzu kam im Herbst der Streit über die Entlassung des Chefs der Gedenkstätte Hohenschönhausen, Hubertus Knabe. Immer wieder ist zu hören, Grütters, als Kulturstaatsministerin mit dafür verantwortlich, habe sich vom linken Kultursenator Lederer einwickeln lassen.

Wegners Kandidatur bloß als Rache für seine Ablösung als Generalsekretär bei Grütters’ Amtsantritt Ende 2016 zu sehen, wäre zu schlicht. Grütters hatte damals argumentiert, sie brauche als Generalsekretär einen Landespolitiker und hat darum Stefan Evers als Nachfolger ins Amt geholt. Doch das überzeugte nicht wirklich: Wegner ist unter den Spitzenfunktionären der Berliner CDU der mutmaßlich bestvernetzte und kommentiert auch als Bundestagsabgeordneter mehr als viele andere Bundespolitiker die Senatspolitik.

Ein Duell beim Parteitag wird es kaum geben: Grütters wird sich nicht abmeiern lassen wollen von einer Partei, die bei ihr das echte Feuer vermisst. Und der schon als Generalsekretär an der Basis beliebte Wegner, der die CDU-Stimmung genau kennt, würde nicht für den Vorsitz kandidieren, wenn er nicht genug Unterstützung hinter sich wüsste.