Kolumne Fremd und befremdlich: Der Witz des Tages

David Erkalp von der Hamburger CDU hat sich zu der Idee geäußert, in der Hamburger Innenstadt acht Straßen zu sperren. Danke, David Erkalp!

Autos fahren stockend vor dem Dammtor-Bahnhof in Hamburg.

No fun: Autoverkehr in der Hamburger Innenstadt Foto: dpa

Heute habe ich etwas sehr Lustiges gelesen. Ich denke, es sollte gar nicht lustig sein, aber ich musste lachen. Das ist ja das Schöne am Leben, dass es mitunter solche Geschenke für einen bereithält. Und deshalb sage ich heute: Danke, David Erkalp, Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses, Fachsprecher für Tourismus, Handel und Handwerk der CDU-Bürgerschaftsfraktion in Hamburg!

Anlass ist eine Idee der SPD und der Grünen, die weder bahnbrechend noch wegweisend noch besonders mutig ist: Ein winzig kleiner Teil der Hamburger Innenstadt soll vorübergehend, versuchsweise, und nur tagsüber, für den Autoverkehr gesperrt werden.

Es geht um acht kleinere Straßen. Halbherzig nenne ich solch einen Versuch. Lächerlich. Inkonsequent. Acht kleine Straßen. Wo mittlerweile ganze Städte autofrei werden wollen.

Aber nun, wir sind in Hamburg. Diese Stadt zeichnet sich nicht durch bahnbrechende und mutige Projekte aus. Schon gar nicht im Klimaschutz. Lassen wir es langsam angehen. Acht Straßen im Versuch. Mal gucken. Vielleicht kommt ja dann mehr hinterher. Erst mal vorsichtig beginnen, im Kleinen. Besser als nichts.

Man könnte diese Idee auch eine „rot-grüne Erlaubnis-Idee“ nennen

Und heute Morgen dann das. Ich lese die Zeitung und dann lese ich auf der Seite der CDU-Bürgerschaft nach, wie Herr Erkalp zu dieser „rot-grünen Verbotsidee“ steht. Damit sieht er die Bürger nämlich geplagt, mit diesen „rot-grünen Verbotsideen“. Können nichts weiter als verbieten, diese Rot-Grünen. Den Bürger piesacken, ihm alles wegnehmen, mit ihren Verboten.

Ich möchte in diesem Zusammenhang Herrn Erkalp allerdings daran erinnern, dass auf diesen Straßen schon etwas verboten ist, jetzt gerade nämlich ist das Spielen, das Schlendern und Bummeln, das Sitzen und das Liegen, das Roller- und Dreiradfahren, das Kreidemalen auf dem Asphalt, das alles und mehr ist auf diesen Straßen jetzt verboten. Erlaubt ist jetzt das Befahren mit dem Auto. Das wäre dann verboten, alles andere dafür erlaubt. Man könnte also diese Idee auch eine „rot-grüne Erlaubnis-Idee“ nennen. Denn es wären dann ja viel mehr Dinge auf diesen Straßen erlaubt, als vorher.

Aber das ist noch nicht alles in dem Beitrag der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Die CDU wirft ein, sie hätte bereits einen richtig guten Vorschlag für die „Attraktivitätssteigerung“ der Innenstadt gemacht, nämlich die der Alsterpromenade. Dann muss ja die SPD nicht noch andere machen. Die Ideen der CDU reichen doch wohl aus.

Besser als den Autoverkehr zu reduzieren, hält Herr Erkalp es, die Bestimmungen für die Außenbestuhlung zu lockern. Ich denke auch, dass es den Leuten gut gefällt, auf Stühlen im Straßenverkehr zu sitzen. Das kann man übrigens gut an der Wandsbeker Chaussee beobachten, da sitzen neuerdings auch die Leute gerne im Straßenverkehr und schreien sich über die Tische hinweg zu, wie schön es hier ist.

Ich wohne übrigens seit 25 Jahren in Hamburg, ich habe viele Freunde, die meisten besitzen ein Auto, aber ich kenne keinen einzigen, der jemals mit seinem Auto in die Innenstadt fahren würde. In die Innenstadt, aber das ist Herrn Erkalp vielleicht nicht bekannt, fährt man mit der Bahn oder mit dem Bus. Wenn man gehbehindert ist, dann fährt man besser gar nicht in die Innenstadt, denn es ist einem nicht möglich, dort mit einem Rollstuhl, zum Beispiel am Neuen Wall oder Hohe Bleichen, von einem Geschäft zum anderen, die Straße zu überqueren, man muss ein Wiesel sein, um das zu schaffen. Und man kann ja mit dem Auto leider nicht in die Geschäfte hineinfahren, noch nicht, das wäre auch mal eine Idee für die CDU-Bürgerschaftsfraktion, eine Anregung von mir.

Die „rot-grüne Verbotsidee“ einer teilweise Auto-freien Fußgängerzone hält Herr Erkalp dagegen für „spaßbefreit und schädlich“. Ein Spaß muss es sein, mit dem Auto in der Innenstadt herumzukurven, ein großer Spaß. Man weiß es nicht. Menschen sind verschieden. Aber schädlich? Ist er wirklich davon überzeugt, dass eine Reduzierung des Autoverkehrs für den Menschen im Allgemeinen schädlich ist? Made my day, Herr Erkalp!

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Katrin Seddig ist Schriftstellerin in Hamburg mit einem besonderen Interesse am Fremden im Eigenen. Ihr jüngster Roman „Das Dorf“ ist bei Rowohlt Berlin erschienen.

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