Energieversorgung in den Kommunen: Stromnetz zurück in Berliner Hand

Der Vattenfall-Konzern muss das Berliner Stromnetz an einen Landesbetrieb abgeben. Die Entscheidung folgt einem bundesweiten Trend.

Berlin von der ISS aus fotografiert

Zwei unterschiedliche Gelbtöne beim Licht, ein Stromnetz, bald wieder in kommunaler Hand: Berlin von der ISS aus fotografiert Foto: Nasa

FREIBURG taz | Es ist ein markanter Schritt auf dem Weg der Rekommunalisierung der Infrastruktur: Berlin kann sein Stromnetz wieder selbst in die Hand nehmen. Die zuständige Vergabestelle in der Senatsverwaltung für Finanzen gab am Dienstag bekannt, dass die Konzession für den Betrieb des 36.000 Kilometer langen Verteilnetzes der Hauptstadt an den 2012 gegründeten Landesbetrieb Berlin Energie vergeben wird. Die noch anstehende Entscheidung des Abgeordnetenhauses gilt als Formsache.

Beworben hatten sich auch Altkonzessionär Vattenfall mit seiner Tochter Stromnetz Berlin sowie die Genossenschaft Bürgerenergie Berlin. Vattenfall hat über das weitere Vorgehen noch nicht entschieden. Das Unternehmen kann klagen, sofern es Anhaltspunkte sieht, dass die Entscheidung nicht diskriminierungsfrei erfolgte.

Mit der Übernahme des Netzes liegt Berlin im bundesweiten Trend. Nachdem bis zur Jahrtausendwende viele Städte ihre seit Jahrzehnten in kommunalem Eigentum befindlichen Netze verkauft hatten (auch Berlin gab seine Anteile am Versorger Bewag 1997 ab), geht die Entwicklung seither wieder in die andere Richtung.

In Hamburg zum Beispiel sprach sich 2013 bei einem Bürgerentscheid eine knappe Mehrheit dafür aus, Strom- und Gasnetz zurückzukaufen. In Berlin scheiterte ein Volksentscheid über den Rückkauf des Berliner Stromnetzes im November 2013. Zwar stimmten 24,1 Prozent der Wahlberechtigten für einen Gesetzentwurf der Initiative Berliner Energietisch, mit dem der Senat zur Gründung eines Öko-Stadtwerks und einer Netzgesellschaft gezwungen werden sollte. Allerdings wurde das Quorum von 25 Prozent knapp verfehlt.

Betrieb von Netzen attraktiv

Auch zahlreiche mittelgroße Stadtwerke, an denen über die Thüga lange Zeit Eon Anteile hielt, sind inzwischen wieder komplett in kommunaler Hand. Nach Zahlen des Wuppertal Instituts wurden zwischen 2005 und 2016 in Deutschland 152 neue Stadt-, Gemeinde- und Regionalwerke gegründet.

Die Gründe sind vielfältig. Der Betrieb von Netzen ist zum einen aus unternehmerischer Sicht attraktiv. Die Einnahmen sind reguliert und damit sicher. Zudem ermöglichen die Netze Zugang zu Kunden – in Berlin rund 2,3 Millionen -, denen die Betreiber weitere Geschäfte anbieten können. Für die Energiekonzerne E.on und die RWE-Tochter Innogy sind die Strom- und Gasnetze wichtigster Gewinnbringer.

Manche Kommune nutzt außerdem die Chance, ihre Bürger an der Infrastruktur zu beteiligen; in Berlin hat die Landesregierung im Koalitionsvertrag eine entsprechende genossenschaftliche Lösung bereits in Aussicht gestellt.

Nicht zuletzt schafft der Zugriff auf das Netz energiepolitischen Einfluss. So freute sich gestern Stefan Taschner von den Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, man habe nun „wichtige Werkzeuge in der Hand“ um die Energiewende in der Stadt zu gestalten.

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