Linke Sammlungsbewegung „Aufstehen“: Wagenknecht gibt Verantwortung ab

Vergangenes Jahr hatte sie die Bewegung gegründet, nun will sich Sahra Wagenknecht aus der Führungsriege zurückziehen. Sie gesteht auch Fehleinschätzungen ein.

Sahra Wagenknecht gestikuliert

Wagenknechts Projekt zählt nach eigenen Angaben 170.000 UnterstützerInnen Foto: dpa

BERLIN dpa | Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht will bei der von ihr initiierten linken Sammlungsbewegung „Aufstehen“ künftig weniger im Vordergrund stehen. „Wir brauchen eine Neuaufstellung an der Spitze von „Aufstehen““, sagte Wagenknecht der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS). „Die Parteipolitiker sollten sich zurücknehmen, das betrifft auch mich selbst. Sie waren mit ihren Erfahrungen anfangs notwendig. Aber jetzt ist es richtig, Verantwortung abzugeben.“

Wagenknecht hatte die Bewegung zusammen mit ihrem Ehemann Oskar Lafontaine gegründet, um linke Wähler zu erreichen, die sich von den klassischen Parteien abgewendet haben. Sie sagte der FAS, die Bewegung könne „besser leben, wenn sie denen übergeben wird, die sie an der Basis ohnehin tragen“.

Das Projekt war Anfang September gestartet und zählt heute nach eigenen Angaben rund 170 000 Unterstützer. Vier Wochen nach ihrer Gründung hatte die Bewegung bereits etwa 100 000 Unterstützer gemeldet. Anders als bei politischen Parteien muss man dafür keinen Mitgliedsbeitrag zahlen und kann sich einfach im Internet anmelden.

In ihrer eigenen Partei und Bundestagsfraktion stieß Wagenknecht mit „Aufstehen“ auf viel Ablehnung. Die Spitzen von SPD und Grünen reagierten ebenfalls skeptisch.

Lafontaine sieht „Luft nach oben“

Wagenknecht sagte der Zeitung, sie werde die Bewegung weiter unterstützen, etwa durch öffentliche Auftritte. „Aber ich muss auch sehen, welches Arbeitspensum ich schaffe. Dass ich jetzt zwei Monate krankheitsbedingt ausgefallen bin, hatte auch mit dem extremen Stress der letzten Jahre zu tun. Da muss ich eine neue Balance finden.“

Die Linken-Fraktionschefin gestand auch Fehleinschätzungen ein. „Die Parteien, die wir ansprechen wollten, haben sich eingemauert“, sagte sie der FAS. Für viele ihrer Forderungen habe es keine Mehrheiten im Bundestag gegeben – aus dieser Sackgasse habe sie mit der Sammlungsbewegung herauskommen wollen. „Aber die Parteiführungen von SPD und Linker fühlen sich in der Sackgasse offenkundig so wohl, dass sie die Chance, die „Aufstehen“ mit seiner großen Resonanz bedeutet hat, ausgeschlagen haben.“

Der ehemalige Linke-Parteichef Lafontaine sagte der Bild am Sonntag, „Aufstehen“ sei sehr gut gestartet. „So ist bewiesen: Der Bedarf nach einer Politik, die das Soziale wieder in den Mittelpunkt rückt, ist groß.“ Er fügte hinzu: „Wir brauchen Zeit, um eine funktionierende Organisation aufzubauen.“ Trotz guter Umfrageergebnisse habe man „auf Drängen vieler Mitglieder“ darauf verzichtet, bei den Europawahlen anzutreten, „weil wir keine Aufspaltung des linken Lagers wollen“.

Erst im Februar hatte Lafontaine gesagt, er sehe noch „Luft nach oben“. Strukturen der Bewegung in den Ländern, Städten und Gemeinden könnten nicht „von heute auf morgen“ aufgebaut werden. „Das verlangt Zeit.“

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