Terroranschlag in Neuseeland: Waffengesetze werden verschärft

Als Konsequenz aus dem Terroranschlag will die Regierung in Neuseeland die Waffengesetze verschärfen. Der rechtsextreme Täter kaufte zuvor legal Waffen.

Neusselands Premierministerin Jacinda Ardern spricht auf einer Pressekonferenz.

Jacinda Ardern kündigte eine Reform der Waffengesetze innerhalb von zehn Tagen an Foto: dpa

CHRISTCHURCH ap/afp | Die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern hat nach dem Angriff auf zwei Moscheen in Christchurch eine Reform der Waffengesetze innerhalb von zehn Tagen angekündigt. Das Kabinett habe sich grundsätzlich auf schärfere Gesetze verständigt, müsse die Details aber noch ausarbeiten, sagte sie am Montag. Sie kündigte außerdem eine Untersuchung des Geheimdienstes an.

Am Freitag hatte ein Angreifer in zwei Moscheen in Christchurch 50 Menschen getötet, eine 74-seitige Kampfschrift gegen Muslime veröffentlicht und seine Taten live ins Internet übertragen. Laut Polizeikommissar Mike Bush verübte der 28-jährige Australier Brenton Tarrant die Tat alleine. „Wir sind davon überzeugt, dass es nur einen Angreifer gibt, der dafür verantwortlich ist“, sagte Bush bei einer Pressekonferenz. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass der Mann Unterstützung gehabt habe. Die Suche nach Komplizen sei „ein sehr, sehr wichtiger Teil unserer Ermittlungen“.

Ein 18-Jähriger, der das Live-Video des Anschlags in der Al-Noor-Moschee verbreitete, wurde am Montag ebenfalls angeklagt. Der junge Mann, dessen Name nicht genannt wurde, muss sich zudem wegen der Veröffentlichung eines Fotos der Moschee und dem Satz „Ziel erreicht“ sowie wegen Anstachelung zu Gewalt verantworten.

Bislang gehen die Ermittler davon aus, dass der 18-Jährige nicht direkt in die Anschläge verwickelt ist. Richter Stephen O'Driscoll erklärte, Details zu den Vorwürfen würden nicht öffentlich gemacht. Laut Staatsanwaltschaft drohen dem jungen Mann bis zu 14 Jahre Haft pro Anklagepunkt. Eine Freilassung auf Kaution lehnte der Richter ab.

Waffen legal in Christchurch gekauft

Der Täter, der wegen Mordes angeklagt wurde, war den Behörden im Vorfeld nicht aufgefallen und verzichtet auch auf einen Anwalt. „Er will sich in diesem Fall selbst verteidigen“, sagte Tarrants Pflichtverteidiger Richard Peters. Spekulationen, wonach der 28-Jährige nicht zurechnungsfähig sein könnte, wies er zurück: Der Australier habe auf ihn „rational“ gewirkt und nicht wie jemand, der an einer mentalen Krankheit leide. „Er schien zu verstehen, was los ist“, sagte Peters.

Der Besitzer eines lokalen Waffenladens in Christchurch bestätigte, vier Waffen und Munition an den mutmaßlichen Angreifer verkauft zu haben. Der Verkauf sei über einen polizeigeprüften Versandhandelsprozess abgewickelt worden, sagte David Tipple, der Besitzer des Waffenladens „Gun City“.

Der Polizei seien die Verkaufsunterlagen zur Verfügung gestellt worden. Es seien keine halbautomatischen Waffen verkauft worden, so Tipple. Ihnen sei beim Verkauf nichts Außergewöhnliches aufgefallen, sagte er über den mutmaßlichen Attentäter. Er und seine Mitarbeiter seien „bestürzt und angewidert“ von der Tat. Dabei wurden auch halbautomatische Waffen verwendet. Ob die Waffen aus dem Laden bei der Tat verwendet wurden, stand noch nicht fest.

Die australische Polizei durchsuchte im Bundesstaat New South Wales am frühen Montagmorgen zwei Häuser. Ziel der Razzien in den Ostküstenstädten Sandy Beach und Lawrence sei gewesen, die neuseeländischen Behörden bei den laufenden Ermittlungen zu unterstützen und mögliche Beweismittel sicherzustellen. Der Tatverdächtige wuchs im Norden der Städte auf.

Familien warten auf Beerdigung

Indes warteten die Angehörigen der Opfer am Montag auf eine Antwort auf die Frage, wann sie ihre Verwandten beerdigen können. Die Tradition im Islam sieht es vor, dass die Körper so schnell wie möglich gewaschen und beerdigt werden, in der Regel innerhalb von 24 Stunden. Premierministerin Ardern drückte die Hoffnung aus, dass die Leichen aller Opfer spätestens am Mittwoch freigegeben werden können.

Aja al-Umari, deren älterer Bruder in der Moschee Masdschid al-Noor umkam, wurde angesichts weniger Informationen zum Bestattungszeitpunkt etwas ungeduldig. „Es ist sehr verunsichernd, nicht zu wissen was passiert“, sagte Aja. „Ist er noch in der Moschee? In einem Kühlschrank? Wo ist er?“

Die 54-jährige Kawthar Abulaban überlebte den Anschlag. Dass viele Medienvertreter vor dem abgesperrten Friedhof warteten, der für die Beisetzung der Opfer vorbereitet wurde, störte sie nicht. Es sei gut, wenn die Welt sehe, was passiert sei, sagte sie. „Leute auf der ganzen Welt glauben, dass wir Terroristen sind, nur weil einige dumme Leute, die behaupten Muslime zu sein, unschuldige Menschen umbringen.“ Abulaban wanderte vor 17 Jahren aus Jordanien nach Neuseeland aus. „Ich werde meine Meinung über Neuseeland nicht ändern“, sagte sie. „Es ist mein Land.“

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Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

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■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

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