Papst geht gegen Missbrauch vor: Urbi et Orbi bleiben ohne Schutz

Ein Erlass soll Minderjährige besser schützen. Auch ein Missbrauchsbeauftragter wird eingesetzt. Allerdings nur im Vatikan, wo es kaum Kinder gibt.

Papst Franziskus steht halb im Schatten

Geht streng gegen Missbrauch vor, aber nur im Vatikan: Papst Franziskus Foto: dpa

ROM taz | Greift der Papst jetzt durch? Einen Monat nach dem Missbrauchsgipfel im Vatikan meldet sich Franziskus mit einem Erlass zu Wort, der in Zukunft die rückhaltlose Aufklärung und Bestrafung sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen sicherstellen soll. Wenigstens im Vatikanstaat selbst soll, darf man dem am Freitag bekannt gewordenen Apostolischen Schreiben „Zum Schutz der Minderjährigen und der verwundbaren Personen“ glauben, in Zukunft der Vertuschung und dem Schutz des Täter auf Kosten der Opfer endgültig ein Ende gesetzt werden.

An erster Stelle gehe es darum, „jeglicher Form der Gewalt oder des physischen oder psychischen Missbrauchs“ vorzubeugen, verfügt das Oberhaupt der Katholischen Kirche. Zugleich hält er fest, dass alle Personen, die Kenntnis von Missbrauchsfällen erhalten, verpflichtet sind, diese den Justizbehörden mitzuteilen. Ausgenommen ist aber die Kenntnis von Fällen, die unter das Beichtgeheimnis fällt. Ebenso bestehe die Pflicht, sämtliche Fälle „effizient im Einklang mit den Gesetzen zu verfolgen“. Zur Strafverfolgung bedarf es nicht der Anzeige des Opfers: Die Vatikanstaatsanwälte müssen von sich aus tätig werden, sobald sie Kenntnis von einem Missbrauchsdelikt haben.

Außerdem ordnet Franziskus an, dass die Opfer sowie ihre Familienangehörigen Unterstützung durch die Kirche erfahren; hierzu zählt auch „medizinischer, psychologischer und juristischer Beistand“.

Präzise sind auch die Handlungsanweisungen für Priester und andere kirchliche Mitarbeiter im Vatikan. So wird ihnen „strengstens untersagt“, eine besondere Beziehung zu einem einzelnen Minderjährigen aufzubauen. Auch dürfen die Priester die Kleinen nicht beschenken oder dazu auffordern, ein Geheimnis für sich zu behalten. Im Beisein von Minderjährigen haben sie zudem immer für Dritte sichtbar zu sein. Ein Beauftragter für den Schutz von Minderjährigen soll die Einhaltung dieser Regeln überwachen und als Ansprechpartner für Opfer zur Verfügung stehen. Kurse sollen das Personal der Kurie für den richtigen Umgang mit Minderjährigen sensibilisieren.

Ortskirchen weltweit sind nicht gebunden

Einigermaßen beschränkt ist aber die Reichweite der vom Papst angeordneten neuen Maßnahmen. Sie betreffen allein den Kirchenstaat, der gerade mal 800 Staatsbürger zählt – zu denen kaum Minderjährige gehören. Unter den Schutz der päpstlichen Normen sollen aber auch Kinder und Jugendliche fallen, die zwar keine Vatikanstaatsangehörigen sind, aber auf dessen Territorium zum Beispiel in Chören aktiv sind.

So streng, wenigstens auf dem Papier, das Vorgehen im Vatikan sein soll, so wenig sind die weltweit existierenden Ortskirchen – in deren Pfarreien, Schulen oder Heimen das Gros der Missbrauchsfälle erfolgte und erfolgt – durch diese Normen gebunden. Es wird sich erst noch zeigen müssen, wie weit sie willens sind, dem Vatikanstaat nachzueifern.

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