Kommentar EVP und Orban: Rausschmiss überfällig

Europas Konservative kneifen: Statt die ungarische Fidesz auszuschließen, wird ihr Verbleib in der EVP nur „suspendiert“.

Portrait von Viktor Orban

Umstritten, aber nicht ausgeschlossen: Ungarns Fidesz-Chef Viktor Orban Foto: reuters

Was für ein durchsichtiger und verlogener Kompromiss. Die EVP suspendiert Fidesz, die Partei des ungarischen Ministerpräsidenten Orban, und rettet sich damit wahrscheinlich über die Europawahl. Ein so genanntes Evaluierungskommittee soll nun prüfen, ob die Partei rechtsstaatlichen Prinzipien folgt und ihren Anti-EU-Kurs aufgibt. Die Frage ist nur: Was gibt es da noch zu prüfen?

Seit Jahren fährt Orban einen Kurs, der europäischen Grundwerten zuwider läuft. Er höhlt Demokratie und Rechtsstaat in Ungarn aus, bekämpft die freie Presse, behindert die Arbeit von NGOs und die Freiheit der Wissenschaften. Er fährt perfide antisemitische und rassistische Kampagnen, zuletzt hat er auf Plakaten Kommissonspräsident Juncker und den US-Millardär Soros diffamiert und seine Kritiker in der EVP „nützliche Idioten“ der Linken genannt.

Dass der Mann nicht bereit ist, sich zu ändern, hat er wahrlich häufig genug unter Beweis gestellt. Eine fadenscheinige Entschuldigung ändert daran nichts. Deshalb hätte die EVP, will sie glaubhaft für ein demokratisches, zukunftsfähiges Europa werben, Fidesz endlich rausschmeißen müssen. Diese Chance hat sie vertan, wieder einmal. CSU-Mann und EVP-Spitzenkandidat Weber war zu dieser Konsequenz nicht bereit. Schließlich will er sich mit den Stimmen der Fidesz zum Kommissionspräsidenten wählen lassen. Das macht ihn unglaubwürdig und wenig überzeugend.

Die EU ist gespalten. Diese Spaltung ist da, sie würde durch den Rauswurf der Fidesz wohl nicht schlimmer, aber noch sichtbarer. Denn Orban würde dann vermutlich endgültig gemeinsame Sache mit den anderen europäischen Rechtspopulisten machen, die ihre Arme für ihren „natürlichen Verbündeten“, wie AfD-Chef Meuthen es nennt, bereits weit ausbreiten. Was sie eint, ist eine Politik der Zerstörung der EU von innen. Orban betreibt diese bereits seit vielen Jahren.

Die Auseinandersetzung zwischen dieser Politik und einer, die die europäische Einigung vorantreiben und – demokratisch orientiert – reformieren will, ist eine der entscheidenden der kommenden Jahre. Ein Schlusstrich der EVP würde die Fronten klarer machen. Das hat durchaus Vorteile.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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