nord🐾thema
: sport & fitness

die verlagsseiten der taznord

„Endlich nicht dieses Gedudel und Gesäusel“

Kein Gag: Doom-Yoga, also Yoga zu langsamem, dröhnendem, ereignisarmem Heavy Metal, gibt es wirklich – und funktioniert auch für Menschen, die mit solcher Musik nichts am Hut haben

Foto: Saskia Seidel

Sonja Hentschel, 42, Sozialpädagogin, Tätowiererin und Yoga-Lehrerin in Hamburg. Kontakt, Termine und weitere Infos auf gongliebe.de.

Interview Alexander Diehl

taz: Frau Hentschel, warum Doom-Yoga – also Yoga zu Doom-Metal-Musik?

Sonja Hentschel: Ich kann da zwei Dinge kombinieren, die ich liebe. Und das scheint glücklicherweise bei meinen Teilnehmer*innen genauso zu sein.

Als mir nämlich zu Ohren kam, dass es so was gibt, da dachte ich, ganz ehrlich: Ist das nicht bloß ein Gag – so wie diese Kurse, zu denen ich meinen Jack-Russell-Terrier mitbringen darf … oder, kein Witz: Bier-Yoga?

Für Menschen, die Doom et cetera lieben, hat Yoga ganz ähnliche Effekte. Aber auch ganz allgemein betrachtet funktioniert die Kombination gut. Denn Doom etc. ist langsam – und das ist etwas, das wir gut gebrauchen können in unserer schnelllebigen Zeit: Wir fahren unser Tempo runter und können entspannen. Die Sounds bei Doom, das Brummige, der viele Bass, das ist alles sehr erdend und passt sehr gut zum Yoga. Dazu kommt dann noch, dass es sehr monotone Musik ist; man kann sich also gut darauf einlassen und sie ist sehr tranceunterstützend. Mir berichten Leute, die so eine Musik hören, dass sie dabei gut abschalten können, in eine Entspannungstrance kommen – und das nutzen wir beim Yoga.

Runterkommen, Entspannung, Trance – es geht also um die klassischen Dinge, geradezu. Wer kommt denn zu Ihren Kursen – Metal-Fans, die Yoga für sich entdeckt haben? Oder musikalisch besonders aufgeschlossene Yoga-Praktizierende?

Beides. Überwiegend Leute, die Doom lieben und sagen: Endlich vernünftige Musik beim Yoga, nicht dieses Lari-Fari-Gedudel und Gesäusel. Die haben endlich eine Möglichkeit, Yoga zu machen, bei dem sie sich auch zu Hause fühlen. Und es kommen auch Leute, die sagen: „Was ist denn das Verrücktes? Ich hör zwar die Musik nicht, aber das will ich ausprobieren.“ Und glücklicherweise fühlen sich alle wohl.

Wie ist denn das Gender-Verhältnis? Anders als in anderen Yoga-Kursen?

Ja, schon. Es kommen deutlich mehr Männer.

Das wäre auch meine Vermutung gewesen – womit ich natürlich unterstelle: Solche Musik, das ist doch Männersache …

Auf einschlägigen Konzerten hast du natürlich mehr Männer als Frauen, das ist kein Vorurteil. Im Doom-Yoga-Kurs sind dann schon vergleichsweise mehr Frauen. Aber ein Drittel Männer, manchmal auch die Hälfte, sind schon dabei.

Während es in der sonstigen Yoga-Landschaft …

… ein Zehntel Männer.

Doom-Yoga, sagten Sie, bringt zwei Dinge zusammen, die Sie lieben. Was noch so eine Sache zu sein scheint, ist das Tätowieren. Und auch da bieten Sie Yoga-Elemente an. Was bringen die?

Ich mache beim Tätowieren überwiegend Atemübungen aus dem Yoga. Da geht es, am Anfang, um Entspannung: Die Leute sind ja vielleicht aufgeregt, wenn sie ankommen. Die richtigen Atemmuster helfen aber auch dabei, den Schmerz besser zu verarbeiten. Es gibt aber auch Atemmuster, die einem Kraft zuführen und mehr Energie – und das ist dann vielleicht später in so einer Session hilfreich.

Für die zu Tätowierenden – oder auch für die Tätowierende?

Ich selbst profitiere sehr davon, wenn meine Kund*innen entspannt sind, klar. Das wirkt sich auf die Hautspannung aus, zum Beispiel, und dann kann ich besser arbeiten.

Noch mal kurz zurück zum Doom-Yoga: Wann gibt es denn die nächsten freien Plätze? Es sind ja eher kleine Klassen.

Ja, im Moment sind es noch sehr kleine Klassen in wunderschönen Altbauräumen. Das ändert sich Mitte des Jahres vielleicht. Aber Plätze gibt es zurzeit noch am 19. April und am 29. Mai. – da kann man mir eine Mail schicken und fragen, ob noch was frei ist.

Doom-Yoga: Fr, 19. 4.; Mi, 29. 5.; Kontakt und Anmeldung: info@punktumtattoo.de