Unregelmäßigkeiten bei Biokontrollstelle: Zertifizierung teilweise verboten

Die niederländische Control Union habe konventionellen Produkten das Ökosiegel gegeben, sagt die Europäische Kommission und zieht Konsequenzen.

Auf grünen Schildern steht: Bio nach EG-Öko-Verordnung

Bio oder nicht? Die Kennzeichnung ist entscheidend Foto: dpa

Die EU-Kommission hat wegen Unzuverlässigkeit einer der weltgrößten Biokontrollstellen verboten, Importe aus fünf Staaten zu zertifizieren. Die Behörde teilte Mitte März im Amtsblatt der Europäischen Union den Beschluss mit, binnen 20 Tagen die Lizenz der niederländischen Control Union Certifications „für alle Erzeugniskategorien in Bezug auf Kasachstan, die Republik Moldau, Russland, die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate zu widerrufen“.

Die Kommission tue „alles, was nötig ist, um das EU-Biosiegel zu schützen, damit ihm Verbraucher vertrauen können“, sagte eine Behördensprecherin. Auf die Frage der taz, warum die Kommission die Kontrollstelle in rund 125 anderen Nicht-EU-Ländern weiter das europäische Biosiegel vergeben lässt, wollte sie nicht antworten.

Biobauern müssen unter anderem auf chemisch-synthetische Pestizide verzichten, was Natur und Gesundheit schont. Ob die Landwirte sich an diese Bioregeln halten, ist bei manchen Einfuhren aus Nicht-EU-Staaten umstritten.

Die Kommission erklärte, sie habe mutmaßliche Unregelmäßigkeiten untersucht. Demnach hatte Control Union Waren als „bio“ zertifiziert, aber „nicht rechtzeitig schlüssige Antworten auf die verschiedenen Auskunftsersuchen der Kommission“ zu den Fällen erteilt. „Dar­über hinaus versäumte es die ‚Control Union Certifications‘, die Rückverfolgbarkeit und den Biostatus dieser Erzeugnisse nachzuweisen.“ Die Firma stellte laut Kommission auch eine Kontrollbescheinigung für Produkte aus, denen ein EU-Staat bereits wegen Pestizidrückständen das Biosiegel entzogen hatte.

Produkte mit zweifelhaftem Biostatus

Control Union ließ eine Bitte der taz um Stellungnahme unbeantwortet. Die Kommission wollte auf Anfrage keine weiteren Details nennen. Bekannt ist aber, dass aus den fünf Staaten immer wieder Ölsaaten und Futtermittel auf den Markt kamen, deren Biostatus sich als zweifelhaft herausstellte. „Die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate spielen seit Jahren eine wichtige Rolle im Handel mit Betrugsware aus der Ukraine, Russland und Zentralasien“, sagte ein Kontrolleur der taz, der aus Angst vor Repressalien anonym bleiben will. „Die Türkei als physischer Umschlagplatz, die Emirate als virtueller Handelsplatz, der nicht nur zum Steuersparen, sondern auch zum Spurenverwischen genutzt wird.“ Die Control Union habe über Jahre umstrittene Firmen zertifiziert.

Doch das Geschäft solcher Firmen ist schwieriger geworden, weil die EU seit 2015 die Kon­trollen von Importen aus Russland, der Ukraine und Kasachstan nach einem Betrugsskandal verschärft hat. Die Kommission forderte die Kontrollstellen auf, jeden Betrieb in diesen Ländern neben der angekündigten Jahreskontrolle mindestens einmal zusätzlich unangekündigt zu prüfen. Jede Lieferung in die EU muss vor dem Export und erneut nach dem Import beprobt und auf Pestizidrückstände untersucht werden. Zudem hält die Kommission die Behörden und privaten Kontrollstellen der EU-Staaten in einer Leitlinie an, alle Dokumente im Zusammenhang mit Importware aus diesen Ländern sorgfältiger zu kontrollieren. Seitdem fallen Probleme beim Import aus diesen Ländern leichter auf.

Die Organic Trade Asso­ciation, eine Organisation der Biobranche in den USA, warnte nach dem Lizenzentzug für Control Union ihre Mitglieder. „In Europa gibt es Gerüchte, dass eine große Menge Sonnenblumensamen, Leinsamen und Mais bereits vom Ziel EU in die Vereinigten Staaten umgeleitet worden ist oder bald wird“, heißt es in einer internen Mail, die der taz vorliegt. US-Biounternehmen sollten vor allem auch Speisebohnen, Weizen, Leinsamen, Soja und Sonnenblumenschrot aus Osteuropa und der Türkei besonders überprüfen.

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