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: Kein Führerscheinentzug nach erster Cannabisfahrt

High sein auch mit Führerschein? Das Bundesverwaltungsgericht stoppt die bisherige Bestrafungspraxis. Künftig kommt es auf ein psychologisches Gutachten an

Das Neue

Wer nur einmal beim Fahren mit Cannabis im Blut erwischt wurde, muss nicht mehr automatisch den Führerschein abgeben. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) am Donnerstag. Die Behörden müssen jetzt in der Regel ein medizinisch-psychologisches Gutachten in Auftrag geben.

Der Kontext

Wenn sich jemand als „ungeeignet“ erwiesen hat, ein Auto zu fahren, dann müssen ihm die Behörden den Führerschein und damit die Fahr­erlaubnis entziehen. Wer regelmäßig oder gelegentlich harte Drogen wie Heroin, Kokain oder Ecstasy nimmt, gilt immer als ungeeignet. Beim Konsum von Cannabis (Haschisch, Marihuana) differenziert die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV): Wer regelmäßig (zum Beispiel täglich) kifft, ist ungeeignet. Wer nur „gelegentlich“ einen Joint raucht, darf Auto fahren, wenn er den Konsum und das Fahren trennen kann.

In der Auslegung dieses Trennungsgebots waren die Gerichte bisher unterschiedlich streng. Das Oberverwaltungsgericht Münster hielt einen Fahrer schon für ungeeignet, wenn er einmal mit einem erhöhten Wert des Cannabiswirkstoffs THC erwischt wurde. Dagegen meinte der Verwaltungsgerichtshof München, dass beim ersten Mal das Ungeeignetsein noch nicht erwiesen ist und die Einholung eines Gutachtens genügt.

Nun hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Rechtsprechung vereinheitlicht und sich der etwas liberaleren bayerischen Linie angeschlossen. „Der erstmalige Verstoß rechtfertigt in der Regel nicht die Annahme, dass sich der Betroffene als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat“, erklärte die Vorsitzende Richterin Renate Philipp. Allerdings müsse die Führerscheinbehörde „in der Regel“ ein Gutachten einholen. Das BVerwG hatte noch 2014 anders entschieden.

In einer eng verbundenen Frage blieben die Leipziger Richter aber streng. Sie bestätigten den THC-Grenzwert von 1,0 Nanogramm pro Milliliter (ng/ml) Blut. Die Grenzwertkommission, die die Bundesregierung berät, hatte eine Erhöhung auf 3,0 ng/ml vorgeschlagen, weil sich THC im Blut nur langsam abbaut und deshalb auch noch nachweisbar ist, wenn gar kein Einfluss auf die Fahrfähigkeit mehr besteht.

Die Reaktionen

„Dieses Urteil ist ein erster Schritt in die richtige Richtung“, sagte Georg Wurth, der Geschäftsführer des Deutschen Hanfverbands. „Wir fordern allerdings eine grundsätzliche Gleichbehandlung von Alkohol- und Cannabiskonsumenten im Führerscheinrecht.“ Während es für Alkohol einen Blutgrenzwert von 0,5 Promille gebe, sei der THC-Grenzwert so niedrig, dass selbst Personen erfasst würden, die vor Tagen Cannabis konsumiert hätten und längst wieder nüchtern seien.

Die Konsequenz

Wer beim ersten Mal mit erhöhtem THC-Grenzwert erwischt wird, muss künftig mit einem Psychologen sprechen. Dieser versucht vor allem herauszufinden, ob es sich um einen einmaligen Ausrutscher oder ein eingeschliffenes Verhalten handelte. Christian Rath