Eine große kleine Band

Nachgerade klassisch: Teenage Fanclub melodiös im Lido

Von René Hamann

Gerard Love mag nicht mehr fliegen. Doch zum Glück ist man flexibel in Schottland und bestens vernetzt, noch immer. Also touren Teenage Fanclub, aktiv seit 1989, jetzt ohne den einen der beiden Songwriter und Sänger. Ohne den besten vielleicht. Aber siehe da, es ist eh schon zu spät, um Qualitätsfragen dieser Art zu erörtern, und es funktioniert auch so, wie man am Donnerstag im gut gefüllten Lido hören und sehen konnte.

Es wäre ja eine Gelegenheit für Norman Blake gewesen, den anderen Songwriter der Band, den Platz in der Mitte einzunehmen, aber der Schlaks mit dem inzwischen Mathelehrercharme wollte das gar nicht. Also rückte Raymond McGinley in die Mitte, den Bass übernahm Dave McGowan, der das auch bei Belle & Sebastian erledigt, und an den Tasten wurde ein Platz für den ewig jugendlich wirkenden Euros Childs frei, der Anfang des Jahres zu der Band stieß. Auch der hatte einmal eine ambitionierte Band, sie hieß Gorky’s Zygotic Mynci. Anhören sollte man sich unbedingt mal ihre walisisch angehauchte Folkplatte „Spanish Dance Troupe“ von 1999.

McGinley, der kleine, immer fröhliche Mann an der zweiten Gitarre, sang alle Lieder von Gerard Love, und das war mindestens die Hälfte des Sets. Darunter die echten, kleinen Hits dieser großen, kleinen Band, die ihre besten Zeiten in den Indie- und Britpop-Wirren der neunziger Jahre hatte, also „What You Do to Me“ oder „I Don’t Want Control of You“. Wo seine etwas brüchigere Stimme nicht an die Gesangslinien Loves heranreichte, unterstützten ihn Childs oder Drummer Francis Macdonald.

Teenage Fanclub haben im Laufe der Zeit einiges an Haaren verloren. Schwung und Ekstase hatten sie hingegen im Grunde schon damals nicht – was ihnen jetzt zugutekommt: Ihr melodiös-harmonischer Indierock klingt nahezu zeitlos, bestens gealtert, nachgerade klassisch, und der Lärm, den sie im Hintergrund anrichten, hebt sie nach wie vor aus dem Status einer besseren Tanzkapelle mit Gitarren heraus. Sie sind immer noch, auch ohne Love, die sympathische Rockband von nebenan, unprätentiös, mit Händchen für Melodie und dem Talent, das Auditorium damit glücklich zu machen, ganz egal, worum es in ihren Songs überhaupt geht.