Neuer Skandal beim Verfassungsschutz

Agent wegen Erpressungsvorwürfen und Kinderpornos suspendiert. Staatsanwaltschaft Hannover erhebt Anklage

Beim niedersächsischen Verfassungsschutz scheint es den nächsten Skandal zu geben. Das Amtsgericht Hannover bestätigte am Donnerstag, dass die Staatsanwaltschaft Anklage gegen einen 42-jährigen Mitarbeiter des Verfassungsschutzes erhoben habe. Ihm wird vorgeworfen, einen Vorgesetzten erpresst zu haben, außerdem wurde auf seinem privaten Mobiltelefon kinderpornografisches Material gefunden. Wie Verfassungsschutzpräsident Bernhard Witthaut erklärte, wurde der Mitarbeiter wegen des Strafverfahrens bereits im November 2018 vorläufig des Dienstes enthoben.

Die Bild-Zeitung hatte zuerst über den Fall berichtet. Demnach soll der Mann mit erfundenen Vorwürfen von sexueller Belästigung versucht haben, seinen Vorgesetzten zu erpressen. Dadurch erhoffte er sich eine Erlaubnis, seinen Dienstwagen weiterhin privat nutzen zu dürfen.

Als der 42-Jährige seinen Chef beim Innenministerium wegen einer angeblichen Affäre mit einer ehemaligen Kollegin anschwärzte, rückte die Polizei bei ihm an. Dabei stießen die Fahnder auf seinem privaten Handy auf Kinderpornos. Außerdem fanden sie Pistolenmunition. Drei Mal soll der Verfassungsschutzmann bei Observationen fremden Menschen seinen Standort verraten und die Einsätze damit gefährdet haben.

Dem Mann wird möglicherweise auch versuchte gefährliche Körperverletzung angelastet. Fälschlicherweise sei er davon ausgegangen, sich mit HIV infiziert zu haben – dennoch habe der Mann ungeschützten Sex gehabt.

Helge Limburg, Sprecher für Verfassungsschutzfragen der Grünen, kritisiert, dass dieser Fall über Monate nicht kommuniziert wurde. Dies zeuge von „einer Wild-West-Manier, die viele Fragen offen lässt – unter anderem auch, ob versucht wurde, die Angelegenheit unter dem Deckel zu halten“. Sowohl er als auch der Fraktionsvorsitzende der FDP, Stefan Birkner, fordern eine Unterrichtung der zuständigen Ausschüsse.

Erst im vergangenen Herbst hatte der Verfassungsschutz für Wirbel gesorgt. Nachdem durch eine Behördenpanne ein V-Mann enttarnt wurde, musste Verfassungsschutzchefin Maren Brandenburger ihren Posten räumen. (dpa/taz)