Kolumne Europa-Express: Vor dem Hype

Zwischenstopp auf dem Weg durch Europa: 2022 wird das litauische Kaunas Kulturhauptstadt Europas. Zeit, sich die Stadt anzuschauen.

2022 wird Kaunas Kulturhauptstadt Europas Foto: imago images / Jochen Tack

Nachdem ich von Vilnius aus anderthalb Stunden in einem Regio-Zug mit hypnotischen pink-lila-rot-gemusterten Sitzen durch die litauische Landschaft getuckelt bin, vorbei an Wäldern aus Kiefern und Birken und Häusern aus Holz, komme ich in Kaunas an, der zweitgrößten Stadt Litauens.

Eigentlich hatte ich geplant, von der Hauptstadt Litauens direkt in die Hauptstadt Polens zu fahren. Doch als klar wurde, dass aus meinem Reiseziel Warschau zunächst nichts wird (die Zugverbindung gibt es nur am Wochenende), hielt ich es sogar die noch bessere Idee zuerst hier Halt zu machen.

Wann hat man schon mal die Gelegenheit, eine Stadt zu durchwandern, von der man noch nie zuvor gehört hat? Und die dann auch noch in drei Jahren europäische Kulturhauptstadt sein wird? Ich bin also bereits vor dem großen Hype da und sehe die Stadt, bevor sie für all die kommenden Besucher*innen herausgeputzt wird.

Dachte ich. Doch damit hat man in Kaunas längst begonnen. Die Hauptflaniermeile der Stadt ist eine einzige Baustelle und viele der alten quietschgrünen Busse wurden durch neue ersetzt oder sind bunt überbemalt worden.

Ein Bild von Jesus hängt an einer Wand

Über dem Bett unserer Autorin in Kaunas wacht Jesus Foto: privat

Hier treffe ich Paulina, die in Kaunas aufgewachsen ist. Die 19-Jährige wohnt bei ihren Eltern und macht nach der Schule ein Gap Year, um zu überlegen, was sie anschließend machen möchte. Zur Zeit: Journalistin werden.

Sie erinnert mich an mein eigenes 19-jähriges Ich – und gleichzeitig gar nicht, wenn sie davon erzählt, was sie in der ersten Hälfte ihres Gap Years alles schon gemacht hat: hier ein Projekt, dort ein Workshop, in ganz Europa war sie unterwegs. Sie erzählt von Freunden in Madrid, in Lissabon, in Berlin. Und sie sagt unheimlich kluge Dinge. Ich bezweifle, dass ich damals schon so gedacht und gesprochen habe.

Vom 23. bis zum 26. Mai 2019 wählen die Bürger*innen der EU zum neunten Mal das Europäische Parlament. Im Vorfeld fährt Autorin Jana Lapper sieben Tage lang mit dem Zug durch sechs europäische Länder, um zu schauen, was die Menschen vor Ort tatsächlich bewegt.

Wir schlendern durch die Straßen von Kaunas, die Sonne scheint bei 26 Grad. Auf so ein Wetter war ich so weit im Norden nicht eingestellt. Menschen mit Sonnenbrillen überall, es tönt Jazz durch die ganze Stadt, denn gerade findet ein Jazz-Festival statt.

„2022, wenn wir Kulturhauptstadt sind, musst du wiederkommen“, sagt Pauline. Ich glaube, das muss ich echt. Doch jetzt ist erstmal Warschau dran.

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Jahrgang 1991. Seit 2018 bei der taz, seit 2019 als Redakteurin im Auslandsressort mit Schwerpunkt online und Südosteuropa.

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