Neue Ideen für Gängeviertel

KÜNSTLERQUARTIER Die Initiative „Komm in die Gänge“ hat ein Konzept für das Viertel vorgestellt und fordert, die Gebäude als Erbe der Stadt zu erhalten

Nicht nur der Künstler Daniel Richter ist dem Viertel eng verbunden:

■ Eine gemeinsame Lesung haben Rocko Schamoni und Heinz Strunk veranstaltet.

■ Regisseur Fatih Akin und „Soulkitchen“-Darsteller Adam Bousdoukos legten Platten auf.

■ Ebenfalls vorgelesen hat Sir Jan Off.

■ Der Musiker Pascal Finkenauer hat ein Konzert gegeben.

■ Auch Hamburger Galeristen unterstützen die Initiative.

Die Künstlerinitiative „Komm in die Gänge“ erhöht den Druck auf die Stadt: Am vergangenen Freitag hat sie ihr Entwicklungskonzept für das historische Gängeviertel vorgestellt. Sie fordert, die historischen Gebäude zu erhalten und aus dem „monetären Verwertungsdruck“ der Stadt herauszunehmen. „Wir wollen das historische Erbe der Stadt für alle Bürger der Stadt erlebbar machen“, sagte René Gabriel von der Initiative.

Etwa 200 Künstler halten die Gebäude im Gängeviertel seit dem 22. August besetzt. Ursprünglich hätten sie die Gebäude im September verlassen müssen, da der niederländische Investor Hanzevast dort Wohnungen, Büros und Gewerbeflächen errichten wollte. Doch Hanzevast hat die zweite Rate des Kaufpreises nicht bis zum Stichtag Mitte September an die Stadt gezahlt. Die Stadt möchte nun vom Vertrag zurücktreten.

Die Künstler wollen nun, dass das Gängeviertel in seiner Form erhalten bleibt. „Das Quartier“, sagte Architekt Heiko Donsbach, „ist als historisches Denkmal anerkannt. Da darf es keine Entkernung geben – alles muss so bleiben, wie es ist.“ Nur so könnten die Gebäude Zeugnis über die Menschen ablegen, die dort vor 150 Jahren gelebt haben.

Dabei wendet sich die Initiative auch gegen eine nachträgliche Bebauung. „Wir wollen hier nichts nachverdichten“, sagt Donsbach. Daher laufe es vor allem auf Freiraumgestaltung hinaus: Ein Wegenetz soll die Höfe des Viertels verbinden und das Viertel öffentlich zugänglich machen, der Asphalt soll Grünflächen weichen.

Für die Erdgeschossnutzung der Gebäude streben die Hausbesetzer eine Durchmischung an: Zum Großteil sollen dort Gewerbe, Gastronomie, Ateliers und Wohnungen eingerichtet werden. Daneben werden Gemeinschaftsateliers und eine Mischnutzung von Gewerbe und Soziokultur angestrebt. Im Zentrum des Quartiers, in der Fabrik, sollen weiter Veranstaltungen stattfinden. In den oberen Etagen fänden Wohnungen und Wohnateliers Platz. Insgesamt sollen so etwa ein Fünftel der insgesamt etwa 7.000 m Nutzfläche gewerblich genutzt werden, etwa zwei Drittel sollen als Wohnraum dienen.

All das ist nur vorläufige Planung. „Das soll sich im Laufe der Zeit entwickeln“, so Donsbach. „Jeder kann kommen und Wünsche und Ideen einbringen.“ Von der Stadt fordern die Künstler, ihnen das Grundstück vorerst für ein Jahr zu überlassen. In der Zeit würden sie unter anderem ein Finanzierungskonzept erarbeiten. Zunächst aber müssten die Gebäude gesichert und für den Winter wetterfest gemacht werden – daran müsse die Stadt sich beteiligen. JUSTIN PIETSCH