Bildungsungerechtigkeit in Coronazeiten: Die digitale Kluft überwinden

Kinder müssen beim Lernen zu Hause freien Zugang zur Technik bekommen. Irre? In Schweden ist das Standard.

Ein Junge liegt auf dem Boden und schreibt in seinem Tablet.

Große Baustelle: Das digitale Lernen hält Einzug in Deutschland Foto: Karsten Thielker

In den verwaisten Schulen passiert gerade etwas Wunderbares: Das digitale Lernen hält Einzug. Lernplattformen, die kaum jemand kannte, ächzen unter Zugriffen. LehrerInnen haben E-Mail-Adressen und müssen nicht mehr über Mitteilungshefte angeschrieben werden. Aufsätze können jederzeit mit der ganzen Klasse geteilt werden. Allerdings haben nicht alle Zutritt zu dieser wunderbaren Onlinewelt. Die Gefahr, dass eine existierende Kluft breiter wird, steigt ausgerechnet mit dem Einzug der Technik, die alle verbinden soll.

Wenn die ganze Klasse über eine Lernplattform kommuniziert bis auf zwei SchülerInnen, die ohne WLAN zu Hause sind, dann sind die erst mal raus. Zumal alle alternativen Lernorte, etwa Bibliotheken, gegenwätig geschlossen sind. Für diese SchülerInnen werden die Coronaferien zu Zwangsferien.

Gleiches gilt, wenn LehrerInnen vor den Schulschließungen Stapel von Arbeitsblättern verteilt haben und ihre SchülerInnen nur über die E-Mail-Adressen der Eltern erreichen. Nicht alle Kinder sind von sich aus so diszipliniert und setzen sich täglich an ihren Schreibtisch, vorausgesetzt, sie haben überhaupt einen. In Familien, bei denen es den nicht gibt, fallen dann oft auch die Eltern als engagierte HilfslehrerInnen aus.

Deshalb müssen PolitikerInnen jetzt dringend klären, wie alle SchülerInnen digital lernen können. Der Begriff „digitale Kluft“ wirkt in Zeiten, in denen fast jedeR ein Smartphone besitzt, anachronistisch. Es gibt sie aber. Es ist ein Unterschied, ob man in der Lage ist, lustige Bilder bei Snapchat zu posten oder am Laptop ein Dokument zu bearbeiten. Beides irgendwie digital, aber für die Schule ist nur Letzteres hilfreich.

In Zeiten der Krise bekommen Bedürftige Grundsicherung. Eine digitale Grundsicherung muss es auch für Kinder geben. Ihre Schulen brauchen jetzt Geld und Know-how, um ihre Netze auf- und auszubauen. Jedes Kind sollte bei Bedarf einen Laptop gestellt bekommen, alle Familien mit schulpflichtigen Kindern haben das Recht auf einen kostenlosen Internetanschluss. Klingt irre? In Schweden ist beides längst Standard.

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Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.

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