Umstrittener Reaktor Buschehr: Iran vor AKW-Start

Anfang September könnte der umstrittene iranische Reaktor Buschehr den Betrieb aufnehmen - früher nicht, denn eine Siemens-Lieferung wurde in Frankfurt vom Zoll gestoppt.

Das Atomkraftwerk Buschehr in Iran. Bild: dpa

Anders als zunächst angekündigt geht der erste Atomreaktor Buschehr im Iran nicht an diesem Sonntag in Betrieb. In wenigen Tagen soll es aber so weit sein, teilte der russische Atomkonzern Rosatom am Freitag nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax mit. Am 21. August werde der erste Brennstoff aus Russland geliefert, eine Woche später könne der Betrieb aufgenommen werden.

Grund der erneuten Verzögerung ist möglicherweise, dass eine Sendung mit Schalterkomponenten und Rechenmodulen der Firma Siemens am Frankfurter Flughafen von Zollbehörden gestoppt worden ist. Das Paket war zwar nicht direkt an den Iran adressiert, es sollte aber zunächst nach Moskau an eine russische Firma und von dort aus direkt oder über Dubai nach Buschehr geschickt werden. Das wäre ein Verstoß gegen zusätzliche Strafmaßnahmen, die die USA und die EU über den Iran verhängt haben, nachdem auch der UN-Sicherheitsrat im Juni Sanktionen beschlossen hatte.

Bisher betreibt Iran nur einen nuklearen Forschungsreaktor in Teheran. Gegen Urananreicherung des Landes gibt es internationale Vorbehalte. Während Iran beteuert, den Brennstoff nur für zivile Zwecke nutzen zu wollen, befürchten vor allem der Westen und Israel, dass das Land unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung am Bau einer Atombombe arbeitet.

Eben aus diesem Grund verabschiedeten die USA und die EU die Maßnahmen, die als die bislang härtesten gelten, die je über die Islamische Republik verhängt wurden. Darunter fällt auch der Export sämtlicher Güter, die direkt oder indirekt zum Bau von Nuklearwaffen benutzt werden können. Selbst so genannte Dual-Use-Produkte, die auch für zivile Zwecke eingesetzt werden können, wie Computer oder Steuerungsanlagen, dürfen nicht an den Iran geliefert werden. Zu solchen Geräten zählen die Siemens-Geräte, deren Transport in Frankfurt gestoppt wurden.

Siemens hatte bereits im Herbst letzten Jahres auf Druck der USA seine Geschäfte mit dem Iran gekündigt. Die ganze Angelegenheit sei im Unternehmen völlig unbekannt, sagte ein Sprecher laut Spiegel. Es sei nicht ausgeschlossen, dass das Material von einem Wiederverkäufer stamme. Siemens halte die Embargobedingungen strikt ein, sagte Manager Siegfried Russwurm. "Seit Mitte des Jahres nehmen wir keine neuen Geschäfte an. Das wir uns an sämtliche Ausfuhrbedingungen halten, steht außer Frage."

Siemens war das erste Unternehmen, das bereits in den 70er Jahren mit dem Bau des Reaktors in Buschehr beauftragt wurde. Nach der Revolution von 1979 zeigte sowohl die neue islamische Führung als auch Siemens kein Interesse mehr an dem Weiterbau. Erst nach dem achtjährigen Iran-Irak-Krieg interessierte sich Teheran für die Wiederaufnahme des Projekts. Siemens lehnte ab, obwohl das Unternehmen mit dem Iran, vor allem auf dem Gebiet der Elektrotechnik und Telekommunikation, umfangreiche Geschäfte tätigte. Anfang der 1990er Jahre übernahm Russland den Weiterbau.

Das Kraftwerk in Buschehr, im Süden des Landes, hat Iran mit russischer Hilfe gebaut. Es hätte schon vor zehn Jahren fertiggestellt werden sollen. Doch die Russen brachten vermutlich unter dem Druck der USA immer wieder Vorwände, um angekündigte Termine zu verschieben.

Sensible Hightechkomponenten, die über Moskau oder auch direkt für das Kraftwerk in Buschehr bestimmt waren, wurden in den letzten Monaten öfter von Zollbeamten am Frankfurter Flughafen beschlagnahmt. Dies rief Proteste aus Moskau hervor. Russland, das mit dem Iran weitreichende Wirtschaftsbeziehungen pflegt, hatte zwar die UN-Sanktionen gegen die Islamische Republik mit beschlossen, jedoch die zusätzlichen Strafmaßnahmen der USA und der EU kritisiert. Die UN-Sanktionen verbieten keine Lieferungen von Komponenten, die friedlichen Zwecken dienen, also auch nicht solche, die für den Reaktor in Buschehr bestimmt sind.

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