Müller-Milch sahnt Steuergelder ab

Der bayerische Unternehmer Theo Müller kassiert gut 70 Millionen Euro Agrarsubventionen, weil er Jobs verspricht. Tatsächlich vernichte er aber Stellen, wirft ihm der BUND vor. Die Umweltschützer sehen das Geld besser bei den Hofkäsereien angelegt

AUS BERLIN HANNA GERSMANN

Diese Produkte kennt fast jeder: die „Müller-Milch“, den „Joghurt mit Ecke“ oder den „Froop-Frucht auf Joghurt“. Umweltschützern ist die Lust darauf jedoch längst vergangen. Die Waren kommen aus der berüchtigten Molkerei Theo Müller. Und die, so kritisierte gestern der BUND, sahne Subventionen ab – vernichte zugleich aber Jobs. Ganz neu ist dieser Vorwurf nicht. Doch wird er vom Bund für Umwelt und Naturschutz jetzt durch die Studie „Müller-Milch melkt Steuerzahler“ frisch untermauert.

Das Fazit vorweg: „Die „Subventionspraxis muss radikal erneuert werden“, forderte Hubert Weiger, der agrarpolitische Sprecher des BUND. Der Ausbau der industriellen Milchverarbeitung käme nur wenigen Konzernen zugute. Viele Bauern müssten indes ihre Höfe schließen, weil sie mit der Rationalisierung nicht Schritt halten könnten. Tatsächlich geben jedes Jahr sieben Prozent der Milchbetriebe auf. Landwirte müssen auf Jobsuche gehen.

Hofkäsereien oder Bauernmolkereien könnten für sie eine Perspektive sein. „Dort werden 12-mal mehr Mitarbeiter als in der Industrie gebraucht, um dieselbe Menge Milch zu verarbeiten“, sagt Christiana Schuler. Sie ist Mitautorin der Studie und hat die Jobeffekte von Agrarsubventionen untersucht. Je kleiner die Unternehmen seien, umso seltener erhielten sie eine Finanzspritze. Gestärkt würden die Großen. Für Schuler ist der Fall Müller das beste Beispiel einer verfehlten Subventionspolitik.

Der westdeutsche Milchmogul kaufte die ostdeutsche Sachsenmilch AG, als sie schon eine Sanierungsruine war. Müller baute die insolvente Molkerei in Leppersdorf bei Dresden dann zum größten Milchwerk Europas aus und bekam dafür eine stattliche Hilfe. Der Unternehmer kassierte von der EU, dem Bund und Sachsen zusammen mehr als 70 Millionen Euro Subventionen. So viel Geld, sagt BUND-Agrarexpertin Reinhild Benning, ist noch nie aus den Agrartöpfen an ein einzelnes Unternehmen geflossen. Dabei habe Müller das Geld am wenigsten nötig.

Theo Müller ist der mächtigste Milchmann der Republik. Anfang der 70er-Jahre hat er eine Molkerei mit vier Angestellten im bayerischen Schwabenland von seinem Vater übernommen. Heute beschäftigt er 4.500 Mitarbeiter, die jedes Jahr gut zwei Milliarden Liter Milch verarbeiten und 1,97 Milliarden Euro umsetzen.

Die Millionen-Förderung wurde nur bewilligt, weil Müller versprach, 144 Arbeitsplätze zu schaffen. Er verlor offenbar kein Wort darüber, dass er zugleich zwei Werke in Vienenburg am Harz und im westfälischen Amelunxen still legte. Dort gingen 165 Jobs verloren. Unter dem Strich, ärgert sich Hubert Weiger, wurden mehr Stellen vernichtet als geschaffen. Das sei „Subventionsmissbrauch“.

Das Unternehmen wollte sich zu den Vorwürfen gestern nicht äußern. Wer sich wie der BUND kritisch über die Müller-Gruppe äußert, riskiert aber immer eine Klage. „Der Polterpatriarch“, wie das unternehmensfreundliche Managermagazin Müller einmal nannte, ist berüchtigt dafür, sich mit jedem zu bekriegen. So zog er Greenpeace-Mitarbeiter vor den Kadi, weil sie dem Unternehmen den Vertrieb von Genmilch vorwerfen. Müller gilt als ein Mann, der gerne provoziert. 2003 drohte er aus Protest gegen die Erbschaftsteuer mit Republikflucht. Häufig weckt er den Zorn der Bauern, weil er ihnen plötzlich das Milchgeld kürzt.

Für Weiger sind die Folgen des enormen Preisdrucks klar: „Wir werden auf der Wiese keine Kühe mehr sehen.“ Bauern werden billige Milch mit Tieren produzieren, die im Stall auf Hochleistung getrimmt werden.