China kauft gezielt

Vorbild USA? Dort übernehmen chinesische Firmen große US-Konzerne. In Deutschland hingegen gründen chinesische Betriebe lieber Tochterfirmen

Der Drogeriemarkt Rossmann ist inzwischen zu 40 Prozent chinesisch

VON SUSANNE GÖTZE
UND FABIAN KRÖGER

Werden immer mehr deutsche Firmen chinesisch? Im Juni traf es den Weltmarktführer für Nähmaschinen – die Grosse Jaquard Webereimaschinen GmbH aus Burlafingen. Der Verlustbetrieb wurde an die chinesiche Textilgruppe Qingdao Hisun Garment Group verkauft, die unverbindlich zusicherte, den Standort fünf Jahre beizubehalten.

Eine „chinesischen Einkaufstour“ gebe es jedoch nicht, sagt Christoph Römer vom Institut für Deutsche Wirtschaft in Köln (IW). Dennoch sei die Öffentlichkeit jetzt für das Thema sensibilisiert, seit die chinesische Staatsfirma CNOOC versuche, den US-Ölkonzern Unocal zu übernehmen. „Es wird aber noch eine Weile dauern, bis chinesische Unternehmen in Deutschland ernsthafte Beteiligungen anstreben“, prognostiziert Römer.

In einer Bestandsaufnahme hat die Bundesbank ermittelt, dass bis Ende 2003 nur rund 146 Millionen Euro an Direktinvestitionen von China nach Deutschland geflossen sind. „Die Chinesen waren bis 2003 in Deutschland so gut wie gar nicht aktiv“, unterstreicht Römer. China habe sich bis 2003 nur an 18 deutschen Unternehmen beteiligt, deren Jahresumsatz bei 0,4 Milliarden Euro lag. Als Vergleich: US-Direktinvestitionen in Deutschland beliefen sich bis 2003 auf 42 Milliarden Euro. Die Amerikaner kauften sich bei 1.400 deutschen Unternehmen ein, die insgesamt einen Jahresumsatz von 136 Milliarden Euro erwirtschaften.

Auch weltweit ist das chinesische Engagement nicht besonders ausgeprägt: Wie die Bundesbankstatistik ausweist, investierte das Reich der Mitte zwischen 2001 und 2004 insgesamt 11 Milliarden Dollar jenseits seiner Grenzen. Allerdings werde bei den Zahlen teilweise „getrickst“, räumt Römer ein. Die Sonderverwaltungszone Hongkong werde nämlich extra ausgewiesen. Von dort sind jedoch zwischen 2001 und 2004 74 Milliarden Dollar ins Ausland geflossen.

Konkreter wird das Engagement chinesischer Firmen in einer Studie untersucht, die von der„Gesellschaft für Wirtschaftsforschung Nordrhein-Westfalen“ erstellt wurde. Ergebnis auch dort: Reine Firmenübernahmen sind zwar selten, nichtsdestoweniger haben bis 2004 schon über 600 chinesische Firmen in der Bundesrepublik investiert. Doch statt deutsche Betriebe aufzukaufen, gründen sie eigene Tochtergesellschaften oder neue Firmen.

2005 hat sich dieser Trend sogar beschleunigt: Nach Angaben von Zhu Wanjin aus der Wirtschafts- und Handelsabteilung der chinesischen Botschaft haben inzwischen knapp 1.000 Unternehmen in Deutschland investiert. Doch auch er bestätigt: „Das Interesse an Beteiligungen oder Übernahmen deutscher Unternehmen ist gering.“

Die wenigen Investoren, die deutsche Firmen übernehmen wollen, kommen vor allem aus Hongkong. So kaufte der Konzern Hutchison Whampoa im August 2004 einen 40-prozentigen Anteil an der Drogeriemarktkette Rossmann. Die AEG-Werkzeugsparte A&M Electric Tools in Winnenden, die durch den Hongkonger Konzern Techtronic Industries (TTI) im August 2004 übernommen wurde. Ob die Produktion verlagert wird, ist noch offen.

Da chinesische Handelsnamen auf dem Weltmarkt nicht populär sind, suchen chinesische Investoren besonders nach bekannten Marken. Auch angeschlagene Betriebe, die bereits Insolvenz angemeldet haben, sind interessant. Dabei konzentrieren sich die chinesischen Investoren vor allem auf die Textilbranche. Dennoch werde es „in den kommenden Jahren sicherlich nicht zu einer Übernahmewelle kommen“, versichert Phillipp Gläser von der Industrie und Handelskammer in Bremen.

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