Bahnbrechende Technik, düstere Vergangenheit

AUSSTELLUNG Initiativen zeigen die Geschichte der Eckertschen Häuser in Friedrichshain

Auf den ersten Blick scheint nicht viel los zu sein in der Rigaerstraße 71–73a in Friedrichshain: Die Fenster sind zugemauert, alte Plakate kleben an den Wänden. Doch seit dem Wochenende ist auf dem Areal Leben eingekehrt. Am 26. September wurde auf dem Innenhof eine Ausstellung eröffnet, die die knapp 140-jährige Geschichte des Gebäudes dokumentiert.

Initiiert wurde sie von der Initiative „Fabrik im Quadrat“, einem Zusammenschluss der aktuellen MieterInnen des Gewerbehofes. Die Künstlerinitiative Stadtraumnutzung gehört ebenso dazu wie die Bildungseinrichtung für berufliche Umschulung und Fortbildung (BUF). „Wir wollen mit der Ausstellung auch die Diskussion über die Zukunft des Geländes anstoßen“, erklärt Hajo Toppius von der Initiative Stadtraumnutzung der taz. Das Areal ist im Besitz einer etwa 70 Personen umfassenden Erbengemeinschaft in verschiedenen Ländern. Über ihre Pläne für das Grundstück ist nichts bekannt.

In einen ehemaligen Stall auf dem Hof werden nun Zukunftsentwürfe präsentiert, die Studierende der Uni Cottbus für das Areal entwickelt haben. Darunter ist das Projekt einer Zeltstadt für TouristInnen. „Wir wollten nicht einfach warten, bis ein Investor das Grundstück kauft“, betont Thomas Redekop, einer der Organisatoren der Ausstellung.

Wanja Abramowski vom Friedrichshainer Geschichtsverein Hans Kohlhasse hat er die Historie der 1875 bis 1876 von französischen Kriegsgefangenen erbauten Eckertschen Häuser erforscht. Den Namen erhielten sie von dem Landmaschinenfabrikanten Heinrich Ferdinand Eckert, der dort Wohnungen für die ArbeiterInnen seines Unternehmens errichteten ließ. Die in der Fabrik anfallende Eisenschlacke diente als Baumaterial. „Sie wurden damit zu historischen, experimentellen Vorläufern einer sowohl vom Baumaterial als auch in der Bauausführung bahnbrechenden Technologie“, meint Abramowski. In Rummelsburg seien einige noch erhaltene Schlackehäuser unter Denkmalschutz gestellt worden. Für die Häuser in der Rigaer Straße hat der Geschichtsverein im Juni 2008 einen Denkmalantrag gestellt. Eine Entscheidung ist bis heute nicht gefallen

Eine Mitarbeiterin des Denkmalamtes erklärte der taz, da ein Teil der Häuser nicht zugänglich sei, könne keine abschließende Aussage über die Bausubstanz getroffen werden. Das aber wäre die Voraussetzung für die Bearbeitung des Denkmalantrags.

Eigentümer enteignet

Doch nicht nur unter baugeschichtlichen Aspekten ist das Areal, das 1883 in einem Gewerbehof umgewandelt wurde, interessant. Die dort errichtete Möbelfabrik wurde 1918 von den jüdischen Kaufleute Mechel und Simon Beiser gekauft. Während der NS-Zeit wurden die Brüder mit einem unrechtmäßigen Kaufvertrag enteignet und später ermordet. Auf dem Areal findet sich darüber ebenso wenig ein Hinweis wie über die spätere Nutzung der arisierten Fabrik für rüstungswirtschaftliche Projekte durch den Diplomingenieur Max Schlötter und den Osram-Konzern. PETER NOWAK

■ Die Ausstellung „Fabrik im Quadrat“ ist bis zum 16. Oktober von Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr geöffnet