Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um

Dreizehn Jahre ist es her, dass Paul McCarthy sein Atelier erstmalig als Kunstwerk ausstellte. In einem riesigen Holzcontainer installierte er Arbeitstische, Kartons, Monitore wie Puppenteile und drehte den gesamten Inhalt der Kiste um 90 Grad gegen den Uhrzeigersinn, der Schwerkraft widerstrebend. Die für ihn so typischen trashigen, sexuell aufgeladenen Perspektiven sucht man jedoch vergeblich, genau wie die Kritik an der Gesellschaft – außer man holt sehr, sehr weit aus. Keine blutverschmierten Monstrositäten, keine analfixierten Weihnachtsmänner, das wäre den Verantwortlichen in dem prominentesten Glaskasten Berlins, der Neuen Nationalgalerie, wohl too much gewesen. So zeigt man das wohl puristischste Werk McCarthys, das so schon fast einer Rechtfertigung gleicht und in dem kühlen modernistischem Terrarium wohl kaum droht übelst zu wuchern. „The Box“ ist eine Dauerleihgabe der Friedrich Christian Flick Collection.  Ähnlich akkurat geht es auch in einer Garage in Kreuzberg zu, die etwa die Ausmaße von McCarthys Box hat. Allerdings mit gegensätzlicher Intention. Hier wird gezüchtet und laboriert und der Gesellschaft eine traurige Realität vor Augen geführt, denn Aurelio Kopaining untersucht seit Jahren die Auswirkung der Gentechnik. Und wie schon viele wichtige Entdeckungen in Garagen gemacht wurden, schafft auch Kopaining in seinem selbst gebauten Labor, als gäbe es kein Zurück. Regale und Arbeitsplätze verbauen den BesucherInnen allerdings den Blick auf das Wesentliche. Und genau das ist auch gewollt. Denn jenseits der Garage bleiben die Resultate von Forschungen für die Öffentlichkeit eher unzugänglich. Inmitten der sterilen Laborästhetik flackert dazu ein fragiler Super-8-Film, der das zarte, unkontrollierte Leben in der hochtechnologischen Bioindustrie kontrastiert und Wehmut aufkommen lässt.

■ Paul McCarthy: „The Box“; bis 4. November, Di.–Mi., So. 10–18, Do. 10–22, Fr.–Sa., 11–18 Uhr, Neue Nationalgalerie, Potsdamer Str. 50 ■ Aurelio Kopaining: „Crop Culture“; bis 1. August, tgl. 12–20 Uhr, Ozean, Schleiermacherstr. 31