Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Von einem fernen Staat, in dem nur noch glückliche Menschen leben, soziale Gerechtigkeit herrscht und das Privateigentum abgeschafft ist, handelt der Roman „Utopia“, den der britische Staatsmann und Philosoph Thomas Morus im Jahr 1516 schrieb. Diese Insel der Glückseligen hat seitdem nicht aufgehört ein Menschheitstraum zu sein, inspirierte noch Karl Marx und immer wieder auch Freunde totalitärer Zwangsbeglückung samt ihren Kritikern.

Ab Freitag nimmt dieser Traum im Görlitzer Park theatralische Gestalt an: „Shakespeare im Park“ heißt das Unternehmen, das im vergangenen Jahr mit Shakespeares Stück „Heinrich der Vierte“ zuerst in Erscheinung trat: mit einem Theater, das den Aufführungsort und die Menschen, die ihn zufällig bevölkern, ebenso zum Gegenstand macht wie die hier verhandelten Stoffe. In diesem Sommer sind Thomas Morus und seine Utopie Gegenstand der öffentlichen Auseinandersetzung und Inspiration für ein mehrsprachiges Streunen durch den Görlitzer Park, der ja schon für sich als Ort multikulturellen Sommervergnügen einiges utopisches Potenzial zu bieten hat.

„Utopia – Where All Is True“ heißt das Spektakel programmatisch, das das Leben in die Kunst und die Kunst ins Leben integrieren will. Ein „gewaltiges karnevaleskes Abenteuer“ wird also versprochen, das Motive aus dem Leben und Sterben von Thomas Morus (Heinrich der VIII. ließ ihn 1535 köpfen und stellte seinen Kopf vier Wochen lang auf der London Bridge öffentlich aus) verarbeitet. Und auf die totalitäre Kehrseite jeder Utopie will man blicken. Goldene Latrinen werden ebenso versprochen wie Renaissance-Tänze, Reifenschaukel-Folter, Synthie-Pop und dadaistischer Literaturunterricht. Und weil schon Thomas Morus’ „Utopia“ ein Staat ohne Geld gewesen ist, ist auch im Görlitzer Park der Eintritt frei!

■ „Utopia – Where all is true“: Görlitzer Park, ab Freitag