„Wir wollen uns für die gesamte Linke öffnen“

In der Linkspartei steckt zu 100 Prozent PDS, sagt Vorstandsfrau Elke Breitenbach. Das gelte auch für die Streitkultur

taz: Die PDS heißt jetzt „Die Linkspartei“. Ist das nur ein neues Etikett oder tatsächlich eine neue Partei?

Elke Breitenbach: Weder noch. Es ist ein Zeichen, dass wir perspektivisch eine Kooperation mit Menschen außerhalb der PDS wollen. Ich möchte betonen: nicht nur mit der WASG, sondern mit der gesamten Linken. Für diese wollen wir uns öffnen.

Der neue Name steht demnach also nicht für neue Inhalte?

Nein, wir haben im Parteivorstand ein Wahlprogramm erarbeitet, das einhundert Prozent PDS ist. Die Kandidaten der WASG auf unseren Listen müssen dieses Programm akzeptieren. Übrigens hat auch Oskar Lafontaine gesagt, er wolle dieses Programm vertreten.

Zur Zeit dominiert Lafontaine das Bild, das sich die Öffentlichkeit von der Linkspartei macht. Sind Sie glücklich über dieses Bild?

Nein, überhaupt nicht. Seine Äußerungen über Fremdarbeiter waren ein Skandal. Niemand weiß, welcher Anteil unseres derzeitigen Hochs in Umfragen auf solche rechtspopulistischen Äußerungen zurückgeht. Ich sage ganz klar: Einen Wahlerfolg und einen Einzug in den Bundestag auf Grund von Rechtspopulismus wünsche ich mir jedenfalls nicht. Aber auch darüber hinaus mache ich mir Sorgen: Oskar Lafontaine hat dem Asylkompromiss nicht nur zugestimmt, er hat ihn damals vorangetrieben. Auch das passt überhaupt nicht zur PDS.

Pardon, Sie sind bald in der gleichen Partei.

Nein, Lafontaine ist in der WASG. Die Linkspartei soll mit der WASG zu einer Partei verschmelzen. Aber in diesem Prozess haben wir noch einen enormen Bedarf an inhaltlicher Auseinandersetzung. Gerade bei den Themen Menschen- und Bürgerrechte. Aber auch in der Wirtschafts- und Sozialpolitik.

Immerhin lehnt Lafontaine wie die PDS/Linkspartei Hartz IV ab.

Lafontaine hat früher viele Dinge, die jetzt in den Hartz-IV-Gesetzen stehen, selbst vorangetrieben. Aber da scheint er ja Positionen verändert zu haben. Bisher gilt: Wir wissen noch gar nicht, wie viel wir inhaltlich im Detail gemeinsam haben. Aber eine echte Perspektive kann es nur auf der Basis inhaltlicher Gemeinsamkeiten geben.

Sie stammen aus dem Westen und waren früher Gewerkschaftsfunktionärin. Es heißt oft, die westdeutsch und gewerkschaftlich geprägte WASG passe nicht in die politische Kultur der PDS. Denken Sie das auch?

Vor einer Woche habe ich auf einer öffentlichen Veranstaltung der WASG die rassistischen Aussagen von Oskar Lafontaine kritisiert. Auf meinen Beitrag hat der WASG-Vorsitzende Klaus Ernst reagiert, indem er sagte, man dürfe Lafontaine als Spitzenkandidaten nicht kritisieren. So etwas mache nur die „bürgerliche Presse“ und „unsere politischen Feinde“. Ich muss leider sagen: Diese Art Streitkultur ist mir leider aus Gewerkschaften bekannt. Da ist die PDS wirklich weiter.

Fürchten Sie mit der WASG ein Rollback, was moderne linke Politik in der PDS/Linkspartei angeht?

Da müssen wir aufpassen. Der PDS Landesverband Niedersachsen hat bereits seine Quotierung aufgehoben, weil die WASG keine Frauen aufstellt.

Sie klingen, als hätten Sie die Hoffnung auf eine wirklich neue linke Partei schon aufgegeben.

Nein. Der Prozess ist offen. Aber ich weiß eines: Eine linke Partei, die auf Ausgrenzung von Migranten und dem Abbau feministischer Positionen aufbaut, hat bestimmt keine Perspektive.

INTERVIEW: ROBIN ALEXANDER