Zusammenleben: Vielfalt ist mühsam

Ein Jahr Antidiskriminierungsgesetz: Senatorin zieht Bilanz und kündigt neue Maßnahmen an.

Viele Projekte, keine Ergebnisse. So sieht die Berliner Bilanz zu den Maßnahmen gegen Diskriminierung aus, die Integrationssenatorin Heidi Knake-Werner am Montag zog, gut ein Jahr nach der Verabschiedung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Anlässlich einer Fachtagung in der Werkstatt der Kulturen hob die Senatorin hervor, durch das Gesetz habe Berlin einen "starken Impuls erhalten, den Zusammenhalt der Menschen in der Stadt zu stärken". Gleichzeitig kritisierte sie, die Bundesregierung habe "offensichtlich kein großes Interesse daran, über das Gesetz hinaus weitere Maßnahmen zu ergreifen".

Als erstes Bundesland habe Berlin daher eine Landesstelle für Gleichbehandlung - gegen Diskriminierung eingesetzt. Die ist seit einem halben Jahr damit beschäftigt, Daten darüber zu erheben, welche Gruppen wann, wo und auf welche Weise diskriminiert werden. Auf Grundlage dieser Zahlen will der Senat Gegenmaßnahmen ergreifen. Doch das dauert. Vor Jahresfrist sei nicht mit Ergebnissen zu rechnen, sagte Sabine Kroker-Stille, die Leiterin der Landesstelle.

Es sei jedoch aufgefallen, dass ethnische Benachteiligungen in Berlin besonders weit oben rangierten. Bundesweit stünden dagegen Diskriminierung wegen Behinderung, Alter und Geschlecht an erster Stelle. In der Bewertung der Fälle, so Knake-Werner, würden jedoch keine Unterschiede gemacht. Die Benachteiligung von Lesben und Schwulen wöge ebenso schwer wie die von Migrantinnen und Migranten.

Schon jetzt unterstütze das Land freie Träger, die Diskriminierungsberatung anbieten; die Landesstelle bemühe sich außerdem, diese Angebote zu bündeln und zu vernetzen, damit Opfer schnell Hilfe finden. Weiterhin sei ein Aktionsplan gegen Diskriminierung geplant, ein "Ratschlag für Demokratie" genanntes Bürgergremium werde bald in breiter Front gegen Fremdenfeindlichkeit vorgehen. Schließlich, so Knake-Werner, trete Berlin am heutigen Dienstag als erstes Land der "Charta zur Vielfalt" bei, eine Unternehmerinitiative, die Vertreter möglichst vieler gesellschaftlicher Gruppen unter dem eigenen Firmendach zusammenbringen will.

Für alle Behörden des Landes bedeutet das die Vorgabe, sich verstärkt um die Anwerbung etwa von Migranten zu bemühen. Knake-Werner räumte jedoch ein, "das ist mühsam. Weil junge Migrantinnen und Migranten aus ihrem Umfeld keine Vorbilder im öffentlichen Dienst haben, ist es schwierig, sie zu einer solchen Ausbildung zu bewegen." Berlin könne dabei jedoch von anderen Städten lernen. So strebe London bei seinen Polizeikräfte eine Migrantenquote von 30 Prozent an. Dadurch würde auch eine breitere Akzeptanz der Polizei bei der Bevölkerung gefördert. Mit Blick auf Berlin sagte die Senatorin, "die Zusammensetzung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst sollte dem Querschnitt der Bevölkerung Berlins entsprechen".

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