Aus dem Netz geholt

EXPERIMENT Die Topographie des Terrors holt erstmals eine virtuelle Ausstellung in ihre Räume. Die Schau zeigt den Widerstand von Christen gegen die Nazis

Bislang gab es keine systematische Bearbeitung des christlichen Widerstands

Die Topographie des Terrors präsentiert zum ersten Mal seit ihrem Bestehen eine virtuelle Ausstellung. Die Online-Schau thematisiere den Widerstand evangelischer und katholischer Christen gegen das NS-Regime, sagte der Leiter des Hauses, Andreas Nachama, am Dienstag. Am Mittwoch wird sie in den Kreuzberger Topographie-Räumen eröffnet – in Form einer Großprojektion und mehrerer Computer-Arbeitsplätze.

Erarbeitet wurde die Schau „Widerstand!?“ von zwei festen und 26 ehrenamtlichen Mitarbeitern der Münchener Forschungsstelle für Kirchliche Zeitgeschichte, technische und inhaltliche Unterstützung gewährte die Ludwig-Maximilians-Universität. Im Web ist die Ausstellung bereits seit November 2011 zu sehen. Die Redaktion kommuniziert parallel auch via Facebook und Twitter. Auch eine spezielle Tablet-Version existiert.

Laut Projektleiterin Claudia Lepp führen mehrere virtuelle Ebenen durch die Geschichte des christlichen Widerstands. Gezeigt würden handelnde Personen und bei Bedarf die zum entsprechenden Jahr passenden historischen Hintergründe.

Keine Heldenverehrung

Es gehe jedoch nicht um Heldenverehrung: Anhand von Fotos und Texten würden vielmehr die Lebensumstände der Personen geschildert. Manche bezahlten ihren Einsatz – unter anderem für die Rettung von Juden – mit dem Leben. Von einigen der Überlebenden sind Tonaufnahmen aus der Nachkriegszeit zu hören. Insgesamt werden 700 Dokumente gezeigt.

Laut dem Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft für kirchliche Zeitgeschichte, Harry Oehlke, gab es bislang keine systematische Bearbeitung der christlichen Widerstandsbewegung in Deutschland. Umso wichtiger sei die Ausstellung. Sie zeige den individuellen Widerstand, aber auch den aus der Kirche in seiner Vielfalt – „vom Nicht-Anpassen über Solidarität mit Verfolgten bis zur Verschwörung“.

Topographie-Leiter Nachama sagte, das Projekt bedeute für alle Beteiligten eine neue Erfahrung zu der Frage, ob eine virtuelle Ausstellung in ein Ausstellungsgebäude geholt werden kann. Ergänzend wurde ein Rahmenprogramm aufgelegt, darunter Fortbildungen für Pädagogen vor allem aus dem kirchlichen Bereich und Veranstaltungen und Führungen für Kinder und Jugendliche. Die Ausstellung ist Teil des Kooperationsabkommens zwischen Topographie und der evangelischen Kirche, das die Betreuung junger Menschen bei geschichtlichen Themen zum Inhalt hat.

TORSTEN HILSCHER, DAPD

www.evangelischer-widerstand.de