Elefantengruß aus Island

ELEKTRO-POP Die experimentelle isländische Band „múm“ präsentiert ihr neues Album „Sing along to songs you don’t know“

Der Bandname ist ein freundliches Bild: zwei Elefanten, die sich mit dem Rüssel grüßen

VON ROBERT MATTHIES

Elefanten gehören nicht zu den ersten Dingen, an die man denkt, wenn man „Island“ hört. Eher schon Fabelhaftes wie Trolle und Elfen, Außergewöhnliches wie Geysire und Gletscher oder Extremes wie Sommer ohne Dunkelheit und Winter ohne Licht. Für das experimentelle isländische Septett „múm“ spielen Elefanten aber eine nicht unwesentliche Rolle. Schon der Bandname nämlich hat keinen tieferen, verborgenen Sinn, sondern ist schlicht als freundliches Bild gemeint: zwei Elefanten, die sich mit dem Rüssel grüßen. Und fragt man Gründungsmitglied Gunnar Örn Tynes nach dem tiefen Verhältnis der Musik seiner Band zur heimatlichen Vulkaninsel, bemüht der wieder das bildhafte Rüsseltier. Vielleicht sei das alles einfach viel zu nah, um es noch zu erkennen: „Wir sind wie eine Ameise auf einem Elefantenrücken, die das Gesamtbild nicht sieht.“

Dabei haben „múm“ durchaus Erfahrung mit dem Abstandnehmen. Für das 2004er-Album „Summer Make Good“ zog die Band, damals nur zu dritt, von der Hauptstadt Reykjavik mit allerlei Laptops, Instrumenten und Proviant in einen einsamen Leuchtturm, der nur mit einem Boot zu erreichen ist. Für ihren neusten Wurf „Sing Along To Songs You Don’t Know“ ist die nun siebenköpfige Band ebenfalls aufs Land gezogen, in eine einsame Hütte. Niemals am selben Ort aufnehmen, lautet das Credo.

Und tatsächlich erfinden sich „múm“ immer wieder neu. Stand noch bei den ersten drei Alben der Isländer atmosphärisch-gespenstisches Elektro-Gefrickel mit Glitch-Beats im Vordergrund, präsentierte „múm“ nach der Trennung von Sängerin Kristin Anna auf „Go Go Smear the Poison Ivy“ plötzlich ein farbenfrohes und zugleich schwer verdauliches Pop-Kaleidoskop. „Sing Along To Songs You Don’t Know“ wiederum klingt im Vergleich dazu geradezu konventionell und ist sehr viel zugänglicher. Homogener klingt es, gönnt sich mehr Ruhe und ist wieder stärker den düsteren Seiten des Empfindens zugeneigt als der Vorgänger – den Hintergrund liefern schließlich diesmal die Wirtschaftskrise und die darauf folgenden Proteste in Island. Eingeladen hat sich das Septett für „Sing along to songs you don’t know“ jede Menge GastmusikerInnen, darunter ein estnischer Chor, zu Piano, Streichern und anderen analogen Instrumenten gesellen sich Samples, Fieldrecordings und Elektronisches. Das Ergebnis klingt wie immer einzigartig. Und mit ein bisschen Übung darf man jetzt sogar offiziell mitsingen.

■ So, 6. 9., 21 Uhr, Knust, Neuer Kamp 30