Groß, männlich, gut

Harald Schmidt gilt neuerdings als langweilig, unmotiviert und unterfordert. Sind ihm etwa Anke Engelkes Schuhe zu klein? So kann es jedenfalls nicht weitergehen – ein paar tantenhafte Tipps

VON HANNAH PILARCZYK
UND CHRISTOPH SCHULTHEISS

1. Das Banale zu Beginn

– Lieber ’arald, sag endlich nein zu deutschem Bier: Manuel Andrack muss weg!

– Das Studio ist furchtbar. Es muss größer und männlicher werden, damit Schmidt besser zur Geltung kommt.

– Sei einfach weniger du selbst, sei mehr Moderator! (Und: schon mal über Kontaktlinsen nachgedacht?)

2. Die Gäste

Mehr Gäste!

3. Der Sendeplatz

Schmidt muss öfter auf Sendung. Platz hätte die ARD dafür genug. Man müsste nur die Politmagazine um 45 Minuten kürzen. Besser noch: Schmidt übernimmt nicht nur deren Sendeplätze, sondern wechselt wöchentlich Sendeanstalt, Redaktion und Titel.

Vorschläge:

„Harald Schmidt“ (WDR)

„Schmidt Show“ (NDR)

„Schmidt“ (MDR)

„Harald Schmidt aus Mainz“ (SWR)

„Harald Schmidt aus München“ (BR)

„Lidschreiber“ (RBB).

Vorteil: Schmidt kann unter wechselndem Namen immer dieselben Witze machen, ohne dass es jemanden in der ARD stört. Nachteil: Die Show selbst wird schon in wenigen Jahren von einer Kürzung auf 25 Minuten bedroht. Vorteil: Das Netzwerk Recherche könnte ausrechnen, dass der Kürzung jährlich mindestens 200 Pointen zum Opfer fallen würden.

4. Die Witze

Apropos: Ab sofort ist von Pseudo-Running-Gags und „Kopf hoch, Deutschland!“-Parolen abzusehen. Die ARD ist schon staatstragend genug.

Und geben wir’s ruhig zu: Gegen 23.20 Uhr schwächelt Schmidt. Damit die Hänger nicht so unangenehm auffallen, sollte er einen „Gag kurz nach der Mitte“ einführen. Der Gag darf ruhig auch witzig sein. Und wenn’s nicht anders geht, kann dafür sogar der Andrack wieder vor die Kamera – aber nur kurz!

5. Das Konzept

Bei Sat.1 hat Schmidt mit den Mitteln der Popkultur dem Privatfernsehpublikum Hochkultur vermittelt. War doch toll, als er mit Playmobil-Figuren die Nibelungen nachgestellt oder auf Kirchenorgeln gespielt hat, oder? Aber so was kann Schmidt in der ARD natürlich nicht bringen. Schließlich ist man ja nicht beim Privatfernsehen!

Stattdessen muss Schmidt jetzt mit den Mittel der Hochkultur seinem öffentlich-rechtlichen Publikum die Popkultur näher bringen. Wie wär’s etwa mit Schauspielern vom Wiener Burgtheater, die „Big Brother“ nachspielen? Oder Opernsänger singen aktuelle Klingeltöne?

6. Das Publikum

Selbst wenn vor allem 50- bis 60-Jährige zuschauen: Die wollen auch nicht nur Fernsehen für 50- bis 60-Jährige schauen (siehe: Andrack muss weg). Darüber hinaus wäre ganz schön, wenn – kleiner Tipp an die Gagschreiber (oder wenigstens an die Regie) – Applaus und Amüsement des Studiopublikums künftig etwas weniger spärlich und dürftig klängen.

7. Die Band

Diese konturlose „ARD-Showband“ muss auch weg und eine Frauenband her. Angeblich sind Frauenbands ja sexy. Und es fällt wenigstens nicht mehr so unangenehm auf, wie wenig Frauen (außer Angela Merkel) eigentlich bei „Harald Schmidt“ zu sehen sind. Namensvorschlag: „Electric Ladyland-Band“.

8. Die Gäste

Mehr Gäste! (Kann man nicht oft genug sagen …)

9. Die Quote

Sollte das alles nicht helfen und sogar die Quote sinken, kein Problem: einfach ein paar Fernsehköche einladen! Und die Rezepte vom Spiegel nachkochen und drucken lassen.

10. Der Termin

Baldmöglichst, also (weil ARD!) im Herbst 2006. Zum Relaunch bitte T-Shirts im Publikum verteilen, damit auch jeder die Neuerungen bemerkt. Aufschrift: „groß, männlich, gut“.