Teure Demo-Teilnahme

PROZESS Gegen eine Geldbuße stellt das Amtsgericht Göttingen das Verfahren gegen einen Abgeordneten der Linken ein. Der soll bei einer Demonstration einen Polizisten beleidigt haben

Er habe das nie gesagt. Nur könne er das leider nicht beweisen, sagte der Politiker

Es ging alles ganz schnell: Drei Minuten dauerte die Verhandlung vor dem Göttinger Amtsgericht. Dann stand fest: der niedersächsische Landtagsabgeordnete und sozialpolitische Sprecher der Linken, Patrick Humke-Focks, wird nicht wegen Beleidigung eines Polizisten verurteilt. Das Verfahren wurde gegen Zahlung von 1.000 Euro an einen gemeinnützigen Verein eingestellt.

Humke-Focks stand vor Gericht, weil er im Juli 2008 am Rande einer Demonstration gegen eine Göttinger Tabledance-Bar mit Kontakten in die extreme Rechte einen Polizisten als „Penner“ beschimpft haben soll. „Alles Unsinn“, sagt der Politiker der taz. Er habe das nie gesagt. Nur könne er das leider nicht beweisen.

Zwar habe er Zeugen gehabt, die seine Auffassung bestätigen könnten. Allerdings waren diese nicht zum Prozess geladen, „um sie vor einer Anklage wegen Falschaussage zu schützen“, wie Humke-Focks erklärt. Im Falle einer Verhandlung hätte der Richter wahrscheinlich den fünf Polizeizeugen geglaubt, meint der Abgeordnete. Das Ermittlungsverfahren gegen ihn war bereits Thema im niedersächsischen Landtag. Dieser hatte am 19. Januar mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP und Grünen die Immunität des Politikers aufgehoben.

Dabei habe er die Demonstration in Ausübung seines Mandates beobachten wollen, sagt Humke-Focks. Die Polizei habe ihn aufgefordert, sich in die Demonstration einzureihen, was Humke-Focks nicht tat. „Der Polizist trat dann gegen mein Fahrrad und schubste mich in Richtung des Zuges“, berichtet er. Schimpfwörter seien dabei nicht gefallen. „Ich bin doch keine 16 mehr“, sagt der 39-Jährige.

Humke-Focks Rechtsanwalt Johannes Hentschel betonte, dass die Einstellung des Verfahrens kein Schuldeingeständnis bedeute. „Wenn jemand seinen Nachbarn beleidigt, wird das sofort eingestellt“, sagte Hentschel. Trotzdem hätten die Behörden in diesem Fall über ein Jahr ermittelt: „Polizisten haben offensichtlich mehr Persönlichkeitsrechte als normale Menschen“.

„Polizeibeamte im Dienst können sich nicht aussuchen, wem sie gegenübertreten“, erklärte dagegen Staatsanwalt Andreas Buick. Auch deswegen sei das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung in einem solchen Fall besonders hoch. Zudem sei Humke-Focks weder geständig gewesen, noch habe er sich entschuldigt.

Es war nicht das erste Ermittlungsverfahren, das gegen Humke-Focks nach Demonstrationen eingeleitet wurde. Zehn Anklagen in den vergangenen Jahren endeten mit vier Verurteilungen zu kleineren Geldstrafen.BENJAMIN LAUFER