Millionen zahlen überhöhte Gaspreise

Die Revier-Konzerne RWE und Eon machen Rekordgewinne. Dabei sind die Gaspreise „völlig überhöht“, kritisiert der Bund der Energieverbraucher – und ruft zum Boykott auf

ESSEN/BONN taz ■ Hunderttausende Verbraucher an Rhein und Ruhr zahlen widerspruchslos überhöhte Energiepreise. Besonders die Kosten für den Energieträger Gas seien „völlig unbegründet“, sagt Aribert Peters, Vorsitzender des Bundes der Energieverbraucher. Allein im vergangenen Jahr seien die Kosten der Endverbraucher sechsmal stärker gestiegen als die Importpreise, so der promovierte Physiker zur taz. Die Folge: Gas mit dem Brennwert einer Kilowattstunde kostet heute 4,94 Cents. Gerechtfertigt seien aber maximal 4,56 Cents, glaubt der Verbandschef.

Der Verband mit Sitz in Bonn ruft deshalb zum Boykott der Preiserhöhungen auf. Kunden sollten den Rechnungsbetrag wegen „Unbilligkeit“ kürzen. Bundesweit beteiligen sich bereits über 250.000 Haushalte an der Aktion. „Das ist die größte Protestaktion gegen überhöhte Preise, die es je in Deutschland gab“, freut sich Peters.

Dennoch zahlen 99 Prozent der Verbraucher klaglos die Rechnungen, die ihnen von den Konzernen präsentiert werden. Entsprechend kräftig steigen die Gewinne: Der Essener Energieriese steigerte 2004 seinen Überschuss im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent auf 975 Millionen Euro. Auch Eon konnte mit einem Buchgewinn von 1,4 Milliarden Euro das hohe Vorjahresniveau halten. Damit sehen sich die Düsseldorfer kurz vor ihrem Ziel, das weltweit führende Strom- und Gasunternehmen zu werden. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, jubelt Eon-Vorstandsvorsitzender Wulf Bernotat.

Doch die Konzerne drehen weiter an der Preisschraube. So plane die Eon-Tochter Ruhrgas zum 1. Juni eine Preiserhöhung um 0,09 Cent. Am 1. September solle dann eine weitere Anhebung um 0,1 Cent pro Kilowattstunde folgen, klagt Verbandschef Peters – dabei wurden bereits zum 1. April 0,32 Cent mehr fällig.

Die Versorger begründen die Preiserhöhungen lapidar mit dem stark gestiegenen Ölpreis – und an den seien die Gaspreise nun einmal traditionell gekoppelt. „Die Bindung des Gas- an den Ölpreis hat mit den tatsächlichen Beschaffungskosten der Ruhrgas nicht das Geringste zu tun“, hält Peters dagegen. So hätten andere freie Gasanbieter, etwa an den Spotmärkten in Bunde und Raeren die Preise nicht angehoben.

Viele Stadtwerke aber haben sich langfristig ausgerechnet an die „deutlich überteuerte“ Ruhrgas gebunden – kartellrechtswidrig, wie der Verband der Energieverbraucher kritisiert. Dabei zeigten gerade neue Kooperationen wie das unabhängige Stadtwerke-Netzwerk Trianel, dass die Einkaufspreise deutlich reduziert werden könnten. Kein Wunder: Trianel arbeitet unabhängig von den Energieriesen, setzt stattdessen auf Konkurrenz – und schreibt Aufträge konsequent aus. ANDREAS WYPUTTA