„Wir sind halt eine tolle Opposition“

Der CDU-Abgeordnete Kurt Wansner aus Kreuzberg setzt sich seit mehr als einem Jahrzehnt für ein härteres Vorgehen der Polizei am 1. Mai ein. Trotz Körtings Erfolg am Sonntag – im Prinzip hält er daran auch weiterhin fest

taz: Herr Wansner, für Sie muss der 1. Mai 2005 ein Trauertag sein.

Kurt Wansner: Wie kommen Sie denn darauf?

Sie waren doch immer derjenige, der ein hartes Vorgehen der Polizei forderte, um die Randale einzudämmen. Nun hat es ausgerechnet der rot-rote Senat geschafft, und zwar mit einer auf Deeskalation setzenden Polizeistrategie.

Ihre Frage impliziert, dass die Polizei immer an Krawallen schuld ist. Das ist doch Quatsch. Sie agierte schon immer besonnen. Wir erinnern uns: Die schwersten Krawalle hatten wir unter dem SPD-Innensenator Erich Pätzold, der die Demonstranten rund um den 1. Mai frei walten ließ.

Viel ruhiger war der Kreuzberger 1. Mai unter CDU-Innensenatoren aber auch nicht.

Die Zeiten haben sich geändert. Auch bei den Chaoten hat es einen Generationswechsel gegeben. Ich habe es am Sonntag beobachtet. Der schwarze Block ist am Opelhaus einfach vorbeigerannt. Die verfolgen überhaupt keine politischen Ziele mehr.

Ist das der einzige Grund, warum der amtierende Innensenator Ehrhart Körting (SPD) und Polizeipräsident Dieter Glietsch so erfolgreich sind?

Als damals Eckart Werthebach CDU-Innensenator war, fehlte ihm die Unterstützung des Bezirks. Glietsch und Körting hingegen haben den Vorteil, dass Sie die Opposition hinter sich wissen. Noch am Samstag habe ich in Kreuzberg und Friedrichshain Flugblätter verteilt und die Menschen aufgefordert, die Straßen zu besetzen, um den Chaoten keine Chance zu geben. Das hat die Opposition früher nie getan. Im Gegenteil: Die PDS war ja Teil der Gewalt – es gab einige Abgeordnete, die offen mit diesen Kreisen sympathisierten. Körting kann sich also freuen, dass er nun so eine tolle Opposition hat.

Bedeutet der 1. Mai 2005 eine Trendwende?

Nein. Ich wäre da auch sehr vorsichtig, von einer Trendwende zu sprechen. Wir müssen aufpassen, dass wir die Chaoten nicht herausfordern oder ihnen das Gefühl geben, dass sie sich beweisen müssen. Freuen wir uns doch, dass an diesem 1. Mai alles ruhiger verlaufen ist, und hoffen wir, dass es am 8. Mai auch ruhig bleibt

Womit rechnen Sie?

Ich finde ja, Gewalt von rechts und von links unterscheiden sich kaum voneinander. Deswegen kann ich nur empfehlen, diese beiden Kreise am Sonntag mit allen Mitteln auseinander zu halten.

Sie fordern kein Verbot?

Das würde beide Seiten nur zusätzlich provozieren. Verbote helfen da nicht mehr. Ich fänd es am besten, wenn die Nazis irgendwo abgelegen im Kreisverkehr laufen und die Linken weit abgeschirmt dabei zugucken. Aber die Polizei wird das schon richtig machen.

Also haben Sie vollstes Vertrauen in Herrn Glietsch und Herrn Körting?

Ich bitte Sie. Ich vertraue der Polizei, aber doch nicht Herrn Körting. INTERVIEW: FELIX LEE