Ein Anwalt in eigener Sache

Weil er Richter mit dem Personal unter Hitler und Stalin verglichen hat, saß Claus Plantiko im Knast. Der Bonner Ratsherr und Anwalt mit Kontakten zu Rechtsextremen hält sich für ein Justizopfer

Von MARTIN OCHMANN

Zwei Tage saß Claus Plantiko. Strafrichter Alexander Fühling vom Bonner Amtsgericht brummte dem Oberstleutnant a.D. vor kurzem eine Ordnungshaft auf und schickte den 66-Jährigen, der seit der Kommunalwahl als einziger Vertreter für die Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG, 1,2 Prozent) im Bonner Stadtrat sitzt, wegen Richterbeleidigung in die JVA Rheinbach. Der Grund: Plantiko hatte das Gericht, vor dem er wegen Beleidigung einer Richterin erscheinen musste, mit dem „Ausnahmegerichtspersonal“ unter Hitler und Stalin verglichen.

Während Plantikos politische Gesinnung den Verdacht nahe legt, dass dies vielleicht anerkennend gemeint war, fand Fühling den Vergleich gar nicht lustig und ließ Plantiko, der nach seiner Pensionierung 1999 seine zweite juristische Staatsprüfung ablegte und seitdem als Anwalt auftritt, vom Fleck weg verhaften. Nach dessen kleinlauter Entschuldigung entschied das Oberlandesgericht Köln, dass zwei Tage Ordnungshaft ausreichen.

Tat sich der Pensionär Plantiko im Rat der Stadt bislang durchs Nichtstun hervor, ist der Jurist Plantiko bei seinen Terminen in den Gerichtssälen umso umtriebiger. Höhepunkte seiner zweifelhaften Karriere: Vor zwei Jahren wurde Plantiko in Frankfurt wegen Richterbeleidigung zu 4.000 Euro Geldstrafe verurteilt, wegen Beleidigung stand er in Bonn sowie dem Landgericht Verden vor Gericht. Zu 16.200 Euro Geldstrafe wurde er nun nach seinem Ausflug in den Knast verknackt. Er habe „natürlich Rechtsmittel eingelegt“, so Plantiko zur taz.

Der Grund für Plantikos Ausfälle vor Gericht ist immer derselbe: Den 66-Jährigen treibt die fixe Idee um, dass deutsche Richter nicht legitimiert seien, Recht im Namen des Volkes zu sprechen, da sie nicht vom Volk gewählt sind. Deswegen nennt Plantiko seine Kollegen schon mal „Verrichtungsgehilfen in Robe“, das Rechtssystem bezeichnet der Rentner als „Gewalteneinheitstyrannis“.

Für sich selbst reklamiert er diesen Rückhalt schon. Er sei als einziger „volkslegitimiert“, sagt Plantiko. Eine Überzeugung, die wohl daher rührt, dass jeweils 1,5 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung der Wahlkreise Ippendorf Nord und Ippendorf Südwest ihm ihre Stimme gaben.

Für Politik im herkömmlichen Sinne hat der gewählte Volksvertreter nicht viel übrig. Seine Wählergemeinschaft trete „bewusst nicht als Partei auf“, so Plantiko. „Links“ und „rechts“ sind für ihn „Schimpfwörter“. Von sich selbst behauptet Plantiko, er stünde „in der Mitte“. Doch wo der Ex-Soldat noch die Mitte verorten will, sehen Demokraten in der Regel Braunes. In die Politik geholt wurde Plantiko von Dieter Haese, ehemals dem Bürger Bund Bonn zugehörig. Haese wurde von seiner Partei jedoch schon vor Jahren aufgrund seiner politischen Gesinnung ausgeschlossen. Er hielt den „raffgierigen Opferanwälten“ den Verlust der „deutschen Ostgebiete“ vor und sah im Versailler Vertrag die eigentliche Ursache für den Zweiten Weltkrieg. In Erscheinung trat Haese außerdem als Bonner Organisator der von rechtsradikalen Gruppierungen initiierten „Anti-Euro-Aktionswoche“.

Mittlerweile sei Haese einem „Bündnis der Mitte beigetreten“, wie Plantiko sagt. Die Rede ist von der Organisation „Ab jetzt Bündnis für Deutschland“, ein ausländerfeindliches Sammelbecken für Rechtsextreme jeder Couleur, das mit dem Slogan „Gegen Zuwanderung ins soziale Netz“ wirbt, und für das der Vorsitzende und ehemalige „Republikaner“ Helmut Fleck im Siegburger Stadtrat sitzt.

Letzte Zweifel an Plantikos politischer Orientierung beseitigt die Liste seiner Mandanten. Plantiko bestätigt, dass er den Rechtsextremisten Manfred Roeder verteidigt hat. Dasselbe gilt für den Glatze tragenden Dominique Oster, ehemaliger NPD-Kreistagsabgeordneter aus Siegburg und jetzt aktiv im „Bündnis für Deutschland“, eben jener Vereinigung, der auch Plantikos Gesinnungsgenosse Dieter Haese mittlerweile angehört.

Verteidigt hat Plantiko außerdem den Auschwitzleugner Joachim Schäfer aus Meerbusch. Zur Begründung sagt der Jurist: „Ich vertrete jeden, von dem ich das Gefühl habe, dass ihm Unrecht geschieht.“ Und ergänzt, im Falle Schäfer habe sich das Gericht die „wissenschaftliche“ Beweisführung des Angeklagten, wie gut es den Insassen des KZs Theresienstadt eigentlich gegangen sei, gar nicht erst anhören wollen. Zu der Frage, ob auch er, wie Schäfer, Auschwitz für einen Mythos halte, will sich der Ratsherr nicht äußern.

Die Häufung solcher in rechtsradikalen Kreisen wohlklingender Namen unter seiner Klientel sei im übrigen „reiner Zufall“ und mache lediglich „ein Prozent“ aller seiner Mandanten aus, sagt Plantiko. Dass er auf mit Hakenkreuzen geschmückten Homepages, auf denen gegen die „Judenmafia“ geätzt oder allen „Staatsdienern“ unverhohlen gedroht wird, als märtyrerhaftes Justizopfer gefeiert wird, „dafür kann ich nichts“, meint Plantiko scheinheilig. Außerdem: „Ich bin ein Justizopfer.“ Denn die Rechtsanwaltskammer Köln, inzwischen alarmiert durch Plantikos Auftritte vor Gericht, prüft den Entzug der Zulassung als Anwalt. Das bestätigt Geschäftsführer Albert Vossebürger. Zur Begründung darf er aber nichts sagen. Der Bundesgerichtshof muss in der Sache Plantiko noch entscheiden.