Flick zahlt doch noch

Der Kunstsammler Friedrich Christian Flick spendet fünf Millionen Euro an die Zwangsarbeiter-Stiftung

Eigentlich versteht sich Friedrich Christian Flick auf einen großen Auftritt. Als der Erbe von Hitlers größtem Rüstungslieferanten vor einem halben Jahr seine Sammlung zeitgenössischer Kunst für das Publikum öffnete, konnte das Spektakel gar nicht groß genug sein. Alles was Rang und Namen in der Berliner Republik hat, war im Museum Hamburger Bahnhof versammelt. Das Fernsehen übertrug live und kein Geringerer als der Bundeskanzler persönlich pries den umstrittenen Mäzen.

Jetzt gibt es wieder Neues aus dem Hause Flick. Doch diesmal kommt die Nachricht leise daher. Flick hat der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, und Zukunft“ fünf Millionen Euro gespendet. „Herr Flick möchte das Schicksal der ehemaligen Zwangsarbeiter würdigen und ihnen seinen tiefen Respekt und sein Mitgefühl zum Ausdruck bringen“, heißt es in einer kurzen Erklärung der Stiftung. Flick selbst schweigt.

Bisher hatte sich der sonst wenig Sparsame verbissen geweigert, sich am Entschädigungsfonds der deutschen Industrie für ihre NS-Zwangsarbeiter zu beteiligen. Das hat ihm viel Ärger eingebracht: Ein schon geplantes Museum in der Schweiz blieb ungebaut und auch die Notlösung Berlin bereitete Flick am Ende Kummer. Zwar gelang es ihm hier, ein Netz mächtiger politischer Unterstützer zu knüpfen. Beinhart zogen der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), die Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos) und Antje Vollmer (Grüne) das Projekt Friedrich Christian Flick Collection durch. Doch mit der Eröffnung endete die Debatte nicht. Der Name Flick steht nach wie vor für Kriegsverbrechen und eine verweigerte Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.

Könnte das jetzt anders werden? Das ist offen. Gut ist: Endlich gibt Flick Geld an die Zwangsarbeiter. Die Konstruktion einer Spende anstatt einer Einzahlung in den Fonds ist jedoch bemerkenswert. Nützlich daran ist, dass eine Spende real mehr Geld für die Zwangsarbeiter bringt. Denn eine Einzahlung in den auf 2,5 Milliarden Euro beschränken Fonds hätte dessen Gesamtsumme nicht erhöht. Andererseits bleibt Flick mit der Spende in dem vom ihm so geliebten Gestus des Schenkenden. Die Familie Flick sollte aber nicht „Respekt“ oder „Mitgefühl“ für ihre ehemaligen Arbeitssklaven bekunden, sondern endlich Verantwortung. Das anzuerkennen hat sich aber schon Friedrich Flick, der Alte, geweigert. Mit dieser Haltung sollte der Enkel brechen. Hier kann die Spende nur ein Anfang sein.

Eines aber ist sie jetzt schon: eine Riesenblamage für die Kulturfunktionäre und Politiker, die der Öffentlichkeit so beharrlich einreden wollten, die Auseinandersetzung mit der Familiengeschichte sei einem Mäzen in Zeiten knapper öffentlicher Kassen nicht mehr zumutbar. Der Kanzler verstieg sich in seiner Eröffnungsrede gar dazu, Flicks Ausstellungsprojekt zum Modellfall einer deutschen Normalisierung zu erheben. Aber die Aussöhnung mit den Nachkommen der Täter kann nicht ohne die Opfer gelingen. ROBIN ALEXANDER