Höher, weiter, teurer

Kosten für Elbphilharmonie in der Hafencity wachsen an. 196 Millionen Euro räumt der Senat jetzt ein, eine Viertelmilliarde könnte es auch werden. Bürgermeister glaubt dennoch, das Prestigeprojekt stemmen zu können. Senat will im Juli entscheiden

von Gernot Knödler

Eine Elbphilharmonie auf dem Dach des Kaispeichers A wird voraussichtlich so teuer, wie es die Skeptiker prognostiziert haben. Die Generalplaner Herzog & de Meuron sowie das Kölner Büro Höhler prognostizieren jetzt eine Gesamtinvestitionssumme von 196 Millionen Euro. Wie Projektkoordinator Hartmut Wegener von der städtischen Realisierungsgesellschaft (Rege) gestern einräumte, können bis zu 16 Prozent Steuern dazukommen. Außerdem ist das Grundstück, das der Senat mit 38 Millionen Euro bewertet, nicht eingerechnet. Demnach könnte das Leuchtturm-Projekt bis zu 264 Millionen Euro kosten. Spekulationen des NDR, die sich zwischen 200 und 250 Millionen Euro bewegten, hatte die Kulturbehörde im Januar noch dementiert. Im Jahr davor hatte der Senat noch mit lediglich 90 Millionen Euro gerechnet.

„Endlich haben wir erste belastbare Zahlen“, freute sich dennoch Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos). „Die Bestandsermittlungen, die Vorentwurfsplanung und die von den Generalplanern vorgenommene Kostenschätzung sind ein stabiler Ansatzpunkt für die anschließende Überprüfung der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit“, sagte Wegener. Im Juni soll deren Ergebnis vorliegen, im Juli will der Senat entscheiden. Das erste Konzert würde im Herbst 2009 stattfinden.

„Die von den Architekten ermittelten Kosten sind hoch“, räumte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) ein: „Aber wir können es schaffen!“ Die Stadt sei darauf eingestellt, ein Drittel der Baukosten zu übernehmen. Dafür habe der Senat im „Sonderinvestitionsprogramm 2010“ Vorsorge getroffen. Der Rest müsse von Investoren, Sponsoren und Spendern aufgebracht werden.

90 der 196 Millionen Euro müssten nach Schätzung der Generalplaner in die beiden Konzertsäle mit 2.200 und 600 Sitzen fließen. Hier wären Sponsoren und Spender gefragt. 158 Millionen müssten Privatleute in die 15 Stockwerke mit Luxuswohnungen an der Westfront des Neubaus sowie in ein Fünf-Sterne-Hotel an der Ostseite investieren. 38 Millionen Euro teuer würde das Parkhaus im heutigen Kaispeicher A, dem markanten, schlichten Backsteinklotz, der von den Landungsbrücken aus zu sehen ist, wenn man Richtung Elbbrücken blickt.

Das Parkhaus für 740 Autos würde so teuer, weil die Stützen, die die Speicherdecken tragen, versetzt werden müssen. „Wir haben Fahrtests gemacht“, berichtete Wegener. Ohne Beule wäre in dem heutigen Säulenwald kaum zu parken. Platz für ein Parkhaus anderswo sei nicht vorhanden, das Projekt ohne Garage aber nicht recht vorstellbar. Trotzdem erliege einer Fehlkalkulation, wer 50.000 Euro pro Parkplatz errechne. Denn der auf 1.111 Pfählen ruhende Speicher liefere das aufwändige Fundament der Philharmonie gratis.

Ob die Philharmonie einen eigenen U-Bahnanschluss bekommen könne, werde gerade von der Hochbahn geprüft. In 14 Tagen sollen dazu Kostenschätzungen vorliegen. Nach der aktuellen Planung der Hafencity-U-Bahn U4 läge eine Station 100 Meter vom Eingang zur Philharmonie entfernt in 35 Metern Tiefe. Um das Konzerthaus trockenen Fußes zu erreichen, müssten Musikfreunde zunächst durch einen Tunnel und dann mit Rolltreppen insgesamt 72 Meter in die Höhe fahren.

Denn von der öffentlichen Plaza auf dem jetzigen Dach des Kaispeichers und unter der darüber schwebenden Philharmonie soll der Blick nicht nur über die Elbe, sondern auch über die Alster schweifen können. Für den grenzenlosen Blick soll der Speicher um zwei auf 37 Meter aufgestockt werden: Macht das Prestigeobjekt nicht eben billiger.