An der Väter-Front

Der Arte-Themenabend „Wenn Väter sich rächen“ (ab 20.40 Uhr) meidet die Grauzonen im Kampf ums Kind

Sein Gewehr ist die Tränendrüse, sein Schützengraben die Männer-Website: der Vater, der nicht Papa sein darf. Multimedial klagt das „Scheidungsopfer Mann“ (Der Spiegel) über die „Ohnmacht der Väter“ (NDR). Er weint in Fernsehkameras, sieht sich zum Geldesel degradiert, dem selbst der sonntägliche Zoobesuch mit den lieben Kleinen verwehrt bleibt. Nun rüstet Arte zum Gegenfeldzug: „Wenn Väter sich rächen“ nennt der Kultursender einen Themenabend, der die andere Front zeigen will. Seine These: „Hinter den lauten Forderungen der Väterorganisationen“ stehe „eben nicht die liebende Sorge für ihre Kinder, sondern der Wunsch, die entronnenen Partnerinnen zu bestrafen“, so die Ankündigung. Eine überfällige Ehrenrettung der Mütter?

Leider nein. Warum der Abend provoziert, aber nicht aufklärt, zeigt die Doku „Trennungsdramen: Wenn der Mann zum Feind wird“. Sie seziert Fälle, in denen deutsche Väter Kontakt zu ihren Kinder halten dürfen, obwohl sie deren Mütter geschlagen haben. Die Beispiele sind so beeindruckend wie bedauernswert. Und doch verfallen die Autoren der gleichen Schwäche, die sie der väterbewegten Gegenseite vorwerfen: Sie überhöhen Einzelfälle zum Grundsatzurteil. Hier lautet es: Von der Idee eines gemeinsamen Sorgerechts sollte der Gesetzgeber besser abrücken. Denn im Zweifel fehlt Männern dafür die charakterliche Eignung. Natürlich: Auch ein Richter kann irren. Er mag sich blenden lassen von einem Vater, der seine Schläger-Natur hinter netten Worten verbirgt. Hier und da mag er einem Mann Besuchsrecht gewähren, der besser dauerhaft aus dem Kinderleben verbannt würde. Daraus aber auf einen juristischen Vätervorteil zu schließen, ist unlauter. Frauenhäuser, das Gewaltschutzgesetz oder das Recht, ein alleiniges Sorgerecht einzuklagen, weisen in eine andere Richtung.

Fragwürdiger aber als der juristische ist der menschliche Tenor des Abends, der lautet: Der neue Mann – er ist nur ein taktischer Trick. Der Mann tarnt sich als Papa, wenn er schikanieren will. Das Leben aber ist komplexer. Natürlich gibt es ihn, den Brutalo-Vater. Den Mann ohne Anstand, der sich weigert, dem eigenen Spross das Lebensnötigste zu zahlen. Aber es gibt eben auch den liebenden Vater, der zu Recht einfordert, den Kindern mehr zu sein als der Absender einer Geburtstagskarte. Und ebenso wie die Supermutti gibt es die Frau, die rachedurstig Vater-Kind-Treffen vereitelt.

Was die Doku leistet, ist also ein gefühliger Rückgriff auf ein Opfer-Täter-Stereotyp: Der ewig böse Mann, die qua Natur gute Frau. Das aber hilft nicht den Müttern und schon gar nicht den Kindern. Sondern höchstens der Einschaltquote. COSIMA SCHMITT