Bilder zu Immobilien

Kunst und Ökonomie entkoppelt: Albert Oehlens Klasse an der Düsseldorfer Kunstakademie hat beim Rundgang auf eine Hängung verzichtet. Ihre Werke sind unverkäuflich und bald wieder übertüncht

VON ATHANASIOS KARAFILLIDIS

Bilder zu Immobilien zu machen, übt eine eigenartige Faszination aus. Diesen Eindruck bekommt der Besucher unweigerlich, wenn er die Klasse von Albert Oehlen beim diesjährigen Rundgang der Kunstakademie Düsseldorf betritt. Die Klasse hat keine Bilder ausgestellt, sondern eine Ausstellung gemalt: Öl auf Putz. Das Fixieren von Bildern in Raum und Zeit ist deshalb interessant, weil die Klasse dadurch, ob sie will oder nicht, mitkommuniziert, dass ihre Werke nicht besessen werden können.

Das entkoppelt Kunst und Ökonomie. Die für uns selbstverständliche Errungenschaft der modernen Gesellschaft, bildende Kunst auch im Hinblick auf Ihren Preis zu beobachten, wird blockiert. Effekt ist eine Egalisierung der Kunstbetrachter im Hinblick auf ihre ökonomischen Verhältnisse. Die Verteilung von Reichtum verschwindet als mögliche Variable der Strukturierung des sozialen Raums der Besucher. Dass die Künstler selbst ebenfalls keinen Zugriff auf ihre fertig gestellten Werke haben, treibt diesen Gedanken auf die Spitze. Will man einer politischen Dimension von Kunst oder ihrer Autonomie auf die Spur kommen, so wird man beides hier suchen müssen.

Doch die Blockierung des ökonomischen Kontextes ist es nicht allein. Es schwingt auch eine Bewunderung für das Vorführen der Vergänglichkeit von Werken mit. Man malt nicht für die Ewigkeit. Die Möglichkeit einer Karriere des Werks wird blockiert. Die Bilder verweisen unmittelbar auf ihr Übermaltwerden, sie gewinnen ihre Faszination gerade aus diesem Umstand und heften so an das Erleben die Einzigartigkeit einer Episode und die Betroffenheit, dass das künstlerische Handeln letztlich vergeblich bleiben wird – nur als Photographie überdauert. Die Ausstellung lässt nicht zuletzt die Fluidität des Raums, als Differenz von Stellen und Objekten, gerinnen. „Wandmalerei“ entspricht einer endgültigen Besetzung von Raumstellen, die nur durch Zerstörung der Objekte eine Variation des Raums erlaubt. Das Erleben der Kontingenz der Hängung wird blockiert. Der Raum wirkt für einen Moment vollends determiniert, bevor ein Beobachter andere Anordnungsmöglichkeiten entdecken, aber eben unmöglich umsetzen kann.

Die Leistung der Klasse von Albert Oehlen besteht darin, etwas sichtbar zu machen, was die Kunsttheorie zwar weiß, was sie aber nicht daran hindert, es immer wieder zu vergessen: Die soziale Produktion von Neuheit im Medium der Kunst verdankt sich keineswegs den Bildern selbst, sondern der Variation ihrer Kontexte, so auch in Jörg Immendorfs Klasse und ihre „Weide“. Das Vorführen der Kontextabhängigkeit künstlerischen Handelns durch ein Blockieren unhinterfragt einrastender Kontexte des Erlebens macht einen Unterschied, der einen überraschenden Unterschied macht. Doch Kontext verweist auch zwangsläufig auf Text. Es ist insbesondere das Bild von Julia Rüther, das sich als Text der Erinnerung aufdrängt. Der massive, schwerelose Brunnen und sein schmutziger Marmor disziplinieren das Auge, das sodann auf seiner Suche nach der Mittellinie nach rechts wandert und unmittelbar in eine bodenlose Tiefe blickt, aus der scharfe Kugeln in den Bildraum entlassen werden, die das Ganze unwirklich, traumgleich, dreidimensional erscheinen lassen. Dieses Bild verführt dazu, sich die Wiederherstellung einer ökonomischen Zugriffsmöglichkeit und die Re-Fluidisierung des Raumes zu wünschen. Und es entlässt einen mit der pragmatischen Frage: Wie bekommt man 1,50 mal 2 Meter Putz am Stück von der Wand?