Managerin und oberste Theologin

Friederike von Kirchbach ist die erste Pröpstin der Protestanten der Hauptstadtregion. Eine seltene West-Ost-Vita

So etwas gab es auch: Die Eltern von Friederike von Kirchbach zogen vom Westen in den Osten, in die graue DDR der 50er-Jahre. Nicht aus sozialistischer Begeisterung, sondern eher aus christlichem Ethos. Sie gehörten zu den Pfarrerfamilien aus der Bundesrepublik, die im Arbeiter-und-Bauern-Staat ihre Aufgabe suchten und durchaus unter der Repression der SED zu leiden hatten. So wurde Friederike von Kirchbach also 1955 in Gersdorf bei Leipzig geboren. Nicht die einzige Besonderheit, die ihren Lebenslauf schmückt, der am Samstag seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat: Als erste Frau überhaupt wurde die Theologin in das Propstamt der Evangelischen Kirche von Berlin-Brandenburg gewählt. Als Pröpstin ist sie Stellvertreterin von Bischof Wolfgang Huber, der als Ratsvorsitzender der oberste Repräsentant der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist.

Gleich im ersten Wahlgang wurde die Generalsekretärin des Evangelischen Kirchentags mit 95 von 176 Stimmen von den Synodalen gewählt – und zwar in einer außerordentlichen Tagung der Synode, weil bei der letzten regulären Zusammenkunft des Kirchenparlaments im November die drei von der Kirchenleitung vorgeschlagenen Kandidaten durchgefallen waren. Friederike von Kirchbach, übrigens eine Cousine von Hans-Peter von Kirchbach, des früheren Generalinspekteurs der Bundeswehr, ist als Pröpstin so etwas wie die theologische Expertin ihrer Kirche. Dass sie Managerqualitäten beweisen muss, um die 1,3 Millionen Protestanten der Hauptstadtregion zu leiten, versteht sich von selbst. Das Management des ersten Ökumenischen Kirchentages 2003 in Berlin, ein historisches Ereignis im Land Luthers, war auch ihr Werk.

Zum „Spaß an der Theologie“, sagte Friederike von Kirchbach nach ihrer Wahl, wolle sie wieder zurück – tatsächlich geht es als Kirchentagsmanagerin mehr um die Organisation von Betten, Flügen und Hallen als um das Erörtern theologischer Grundlinien. Die hat sie während ihres Theologiestudiums in Leipzig, Jena und Naumburg gelernt, um schließlich nach der Wende 1992 in der sächsischen Landeskirche ordiniert zu werden. Friederike von Kirchbach übernahm ein Pfarramt in Kreischa bei Dresden und arbeitete ab 1999 zusätzlich als Krankenhausseelsorgerin, ehe sie 2000 Generalsekretärin des Kirchentags wurde. Vorgeschlagen hatte sie übrigens die Landesbischöfin von Hannover, Margot Käßmann, ein weiterer Shootingstar der EKD.

Friederike von Kirchbach hat drei erwachsene Kinder – auch das scheinbar mühelose Managen von Job und Familie verbindet sie mit Margot Käßmann. Beiden dürfte eine weitere Karriere in der EKD sicher sein. Hoffentlich bleibt Friederike von Kirchbach dabei auch ihr Humor erhalten. Kleine Kostprobe: Auf den Einwurf, dass es ja als Pfarrerstochter und Adlige in der DDR nicht so leicht war, stimmt sie lachend zu. Und dann der Vorname, meint sie: Friederike! So etwas formt offenbar den Charakter. PHILIPP GESSLER