Die Künste sind jetzt ratlos

Der „Rat für die Künste“, ein wichtiges kulturpolitisches Gremium und Instrument zur Durchsetzung kultureller Interessen, löst sich auf. Veränderte Nachfolge ist in Sicht

Der „Rat für die Künste in Berlin“, ein Zusammenschluss von einstmals annähernd 150 Kulturinstitutionen der Stadt, hat sich aufgelöst. Das 1994 gegründete, profilierte Gremium von großen etablierten Institutionen, der Off-Szene und kommunalen Kulturträgern begründete das Ende seiner wichtigen Arbeit für Berlin mit den aktuellen „strukturellen Veränderungen in der Berliner Kulturlandschaft“, wie Sabine Weißler, Sprecherin des Rates und Leiterin des Steglitzer Kulturamts, nach der abschließenden Mitgliederversammlung sagte.

Viele mitwirkende Einrichtungen samt ihren Vertretern seien in den vergangenen Jahren „in Bundeshoheit abgewandert“ – darunter die Akademie der Künste, das Arsenal im Sony-Filmhaus oder die Opernstiftung. Zugleich hätten sich andere Berliner Kultur- und Kunstproduzenten, Tanztheater, Museen und Kulturhäuser in letzter Zeit professioneller organisiert. Weißler: „Damit haben sich der Beratungsauftrag und die Rolle des Rates geändert.“

Konstituiert hatte sich der Rat, weil nach dem Fall der Mauer 1989 viele Berliner Kultureinrichtungen und die Szene unter enormem Veränderungsdruck standen. Zugleich war zu klären, welchen Anteil der Bund in der neuen Hauptstadtkultur spielen sollte. Der Rat für die Künste, zu dem namhafte Kulturpolitiker und Kunstproduzenten wie Nele Hertling, Christoph Stölzl, Thomas Langhof oder Jürgen Schitthelm zählten, machte es sich zur Aufgabe, Politik und Institutionen kulturpolitisch zu beraten.

So mischte sich von 1995 an der Rat bei der Auswahl des jeweiligen Kultursenators mit ein. 1996 verlangten die Mitglieder, dass die Bedeutung von Kunst und Kultur „explizit und dezidiert“ im Koalitionsvertrag festgeschrieben werden sollte. Außerdem forderten sie, dass der Kulturbereich weniger drastisch mit Sparauflagen belastet werden soll. Auf die Initiative des Rates geht auch zurück, dass der Hauptstadtkulturfonds zur Förderung von Kunstprojekten in Berlin eingerichtet wurde.

Nach Angaben von Weißler hat der Orientierungswandel vieler Einrichtungen wie beim Tanz oder bei der neuen Musik zu neuen Organisationsformen den Rat vor die Frage gestellt, welche Zielsetzungen zukünftig relevant würden. Darauf sei keine Antwort gefunden worden.

Das jetzige Vakuum für bestehende kulturelle Berliner Einrichtungen soll aber gefüllt werden. HAU-Intendant Mathias Lilienthal will ein Treffen im Frühjahr zur Frage neuer institutioneller Formen einberufen. ROLA