30 Religionen in der Bundesstadt

„Jeder 4. Bonner feiert keine Weihnachten“, lautet der provokante Werbespruch des Wissenschaftsladens Bonn für sein neues Buch. Darin geht es nicht um Menschen, die kein Geld für den Weihnachtskaufrausch haben, sondern um die, die es aus religiösen Gründen nicht feiern. „Glaubenssache. Religion in Bonn“ heißt es und listet alle in der Bundesstadt vertretenen Religionen auf – nach Angaben der Verfasser bundesweit die erste derartige Studie.

Aufgegliedert nach Judentum, Christentum, Islam, Buddhismus und „andere Religionsgemeinschaften“ werden 29 Religionen und Sekten vorgestellt: von den Alt-Katholiken über die Pfingstler und die Universität-Bibel-Freundschaft bis zur Al-Muhajirin Moschee und dem Bonner Buddhafeld. Dabei stehen zwei Beispiele für ein besonderes Angebot der römisch-katholischen Kirche und eines für die Mehrheits-Evangelischen.

Neben Adressen und Lageplan sind es besonders die sich um Objektivität bemühenden Texte, die dieses Buch zu einem Nachschlagewerk zu Geschichte und Glaubensgrundsätzen und -riten machen. Sie gehen auf aktuelle Probleme ein und verschweigen auch politische Verwicklungen nicht – so etwa die Verbindung der Bonner Moscheegemeinschaft mit Milli Görüs, die wegen islamistischer Tendenzen vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Alle Texte wurden mit den jeweiligen Religionsgemeinschaften abgestimmt, „Schönungsversuche“ etwa von der Moschee Gemeinschaft oder der Neuapostolischen Kirche wurden dabei abgewehrt, so Autor Krischan Ostenrath.

Bonn war noch vor wenigen Jahrzehnten „ur-katholisch“. Dieses Buch zeigt, wie vielfältig ihr religiöses Leben inzwischen ist – und wie wichtig allen Säkularisierungstendenzen zum Trotz für viele Menschen die Suche nach Transzendentem ist. Lediglich der billige Druck trübt das durchweg gute Bild. SCH

Krischan Ostenrath und Wilhelm-Peter Schneemelcher (Hrsg): „Glaubenssache“. Wissenschaftsladen Bonn 2003, 9,90 Euro, ISBN3-935907-02-8