Geschichten für den Herd

FOOD-MAGAZIN Was macht das Kneten von Teig mit den Stärkemolekülen? Lohnt sich ein unbezahlbarer Burgunder von 1966? Fragen, wie sie die Zeitschrift „Effilee“ beantwortet

„Das Kochen ist fast nur ein Vorwand fürs Geschichtenerzählen.“

Vijay Sapre

VON ALEXANDER DIEHL

Mögen auch Zahlen belegen, dass im echten Deutschland immer weniger gekocht wird: Das Dabei-Zusehen, etwa in Form von Koch-Sendungen im Fernsehen, bleibt beliebt. Bei Gruner + Jahr werkelt man gerade an einer Zeitschrift übers Kochen, die sich exklusiv an Männer richten soll. Eine neue Zeitschrift? Ist nicht gerade Krise?

Vijay Sapre hat das Wagnis schon hinter sich: Er hat eine neue Zeitschrift auf den Markt gebracht. Ein Heft übers Kochen, Essen und Trinken. Seit Freitag liegt die neue Ausgabe von Effilee in den Läden, die vierte bereits. Ob er ein Optimist sei? Findet Sapre „irgendwie eine doofe Frage“. In Zeiten wie diesen, sagt er dann aber doch, „bin ich bestimmt Optimist. Weil ich glaube, dass ich von meinem ganzen Wesen her antizyklisch bin.“ Wobei er natürlich nicht auf die nächste Flaute gewartet habe, um sich den Traum zu erfüllen. „Ein bisschen wie Kinderkriegen“, sagt der 46-Jährige, der in den Neunzigern erfolgreich im Internet unternehmerisches Neuland betrat: „Wenn man zu lange wartet, kann es auch leicht sein, dass man gar nichts macht. Es gibt immer Gründe, irgendwas nicht zu tun.“ Inzwischen arbeiten sie zu zehnt an Effilee, in einer Altbauwohnung an der Rothenbaumchaussee.

Hervorgegangen aus einer Internetplattform, will Effilee anders sein als die etablierten Küchentitel in den Zeitschriftenregalen: „Wir erzählen Geschichten“, fasst Herausgeber Sapre zusammen. „Sonst gab es ja immer nur Hofreportagen und Rezepte.“ Er sieht Parallelen zu Brandeins oder auch Elf Freunde: „Da hast du zwar ein Thema – Wirtschaft oder Fußball –, das aber fast nur ein Vorwand ist fürs Geschichtenerzählen.“

Daneben gibt es aber auch in Effilee Rezepte – und etwas, das man Warenkunde der etwas anderen Art nennen könnte: So erfuhren die LeserInnen der ersten Ausgabe etwa genauestens, was beim Kneten von Plätzchenteig mit den Stärkemolekülen im Mehl passiert. Wäre es Fernsehen, wäre es Sendung-mit-der-Maus-tauglich.

„Unsere ideale Zielperson ist weiblich, eher Anfang, Mitte 30, beruflich erfolgreich“, sagt Sapre. „Für solche Leute, die alles andere als das Mütterchen am Herd sind, gab es eigentlich kein Angebot. Weil: Ich will ja nicht direkt von Spex zu Essen & Trinken. Wir sagen: Wir nehmen dich ernst auch mit deinen ganzen anderen Bedürfnissen. Du kannst eine kultivierte, kluge Frau bleiben“, sagt Sapre, der auch heute noch jeden Tag für seine Familie am Herd steht, „aber trotzdem kannst du kochen.“ Gekocht wird übrigens auch bei Effilee längst nicht in jeder Mittagspause, auch wenn man sich das mal anders vorgestellt habe. Aber immerhin: Man geht zusammen Essen.

Zum Abschluss, Herr Sapre: Gibt es eigentlich etwas, das Sie nicht essen? „Ich hab überhaupt kein Problem mit den ganzen so genannten Ekelprodukten. Aber Tiefkühlpizza, das ist Mahlzeit gewordene Bocklosigkeit. Darauf habe ich keine Lust.“

Effilee # 4 ist seit gestern im Handel