Schnitzeljagd mit Satellitenunterstützung

Geocaching heißt ein neues Hobby, dem immer mehr Menschen frönen. Sie spüren mit einem GPS-Gerät in einer Art virtueller Schnitzeljagd „Schätze“ auf, die andere versteckt haben, und dokumentieren ihre Funde im Internet. Allein im Kölner Stadtgebiet gibt es über 20 solcher Verstecke

Von Christiane Martin

„Ziel erreicht“, erscheint auf dem Display des GPS-Gerätes von Harry Hummel und das Jagdfieber blitzt in seinen Augen. Denn jetzt geht es erst richtig los. Das, was er und sein Freund Florian Stein im Gremberger Wäldchen südlich von Köln-Vingst suchen, muss einige Meter im Umkreis liegen und mit Kennerblick prüfen die beiden jeden verdächtigen Felsspalt. „Da! Wusste ich es doch!“ Hummel stößt im dämmrigen Licht des Unterholzes einen Stein um und zerrt triumphierend einen modrigen Plastikbeutel heraus, in dem eine Dose liegt. Der Inhalt: Spielzeuge aus Überraschungseiern, Schlüsselanhänger, Sticker, ein Feuerzeug und anderer Krimskrams. Typische Kostbarkeiten am Ende einer modernen Schatzsuche, die sich „Geocaching“ nennt.

Diese Hightech-Schnitzeljagd hat weltweit eine wachsende Fangemeinde. Allein in Deutschland gibt es über 5.000 Menschen, die diesem ungewöhnlichen Hobby frönen. Die Spielregeln sind fast so schlicht wie bei dem beliebten Kinderspiel: Die einen suchen nach Schätzen, die die anderen versteckt haben und folgen dabei einer vorgegebenen Spur. Bei der klassischen Schnitzeljagd ist die Spur meist aus Papierschnipseln oder Sägespänen. Beim Geocaching ist sie virtuell und nur im Internet zu sehen. Hier werden auf extra dafür eingerichteten Seiten die geographischen Koordinaten der Verstecke angegeben.

Die geographische Breite und Höhe werden dann in einen GPS-Empfänger eingegeben und das Gerät lotst seinen Besitzer bis zum Ziel. Fast jedenfalls. Denn die Satellitensignale des von den USA betriebenen Global Positioning Systems (GPS) sind für die zivile Nutzung nicht punktgenau. So kommen die Schatzsucher nur bis auf wenige Meter an den „Cache“ heran und müssen sich dann auf ihren Spürsinn verlassen.

Erfahrene Geocacher wie Hummel und Stein sind dabei zu echten Fährtenlesern geworden. „Man kennt irgendwann nicht nur die typischen Verstecke unter Baumwurzeln oder Steinen, sondern auch die untrüglichen Anzeichen für einen Geocache“, erklären die beiden. Das seien beispielsweise Fußabdrücke im Waldboden oder aufgewirbeltes Laub jenseits der begangenen Wege.

Nach erfolgreicher Suche nehmen die Schnitzeljäger einen der Tauschartikel aus der Tupperdose und legen einen gleichwertigen hinein. Dann tragen sie sich ins Logbuch ein, das in jedem Cache liegt. „Doc Brody und The Jewel Box waren hier“, verewigen sich Harald Hummel und Florian Stein stolz im Logbuch des Verstecks im Gremberger Wäldchen, denn unter diesen Namen firmieren sie in der Geocaching-Gemeinde. „Man kennt sich eigentlich nur aus dem Internet“, erzählt der 24-jährige Stein. Dort werden die Erfolge oder auch Misserfolge der Suche verbucht.

Zu jedem Cache gibt es Kommentare, Geschichten und Fotos. „Manchmal trifft man aber auch zufällig an einem Cache andere, die mit dem GPS-Gerät auf der Jagd nach dem Schatz sind.“ Kein Wunder, werden die einzelnen Verstecke zum Teil doch hoch frequentiert. Die beliebtesten zählen fast alle zwei, drei Tage mindestens einen Besucher.

Für die Kölner Stein und Hummel gehört zum Geocaching auch unbedingt ein eigener Cache. Und als sie im letzten Jahr ihr neues Hobby entdeckten, versteckten sie auch direkt einen Schatz mitten in der Innenstadt von Köln. Seitdem ist er 51 Mal „geloggt“ worden, wie es in der Geocaching-Sprache heißt. Dabei müssen vor Erreichen des ersehnten Ziels einige Rätsel gelöst werden und am Ende unbeobachtet von Passanten ein Stück einer Mauer hochgeklettert werden. Zweifelsohne ein Großstadtabenteuer der anderen Art!