Sechs Militärbasen für die Besatzer

Teile der anglo-amerikanischen Streitkräfte im Irak sollen auf unbefristete Zeit dort bleiben. Die Auswahl der Stationierungsorte ermöglicht die strategische Kontrolle des ganzen Landes und militärische Operationen in Nachbarländern

aus Genf ANDREAS ZUMACH

Auch nach der für Mitte 2004 vorgesehenen Machtübergabe an eine provisorische Regierung in Bagdad sollen die amerikanisch-britischen Besatzungsmächte auf zunächst unbefristete Zeit Streitkräfte im Irak belassen. Als Stationierungsorte sind mindestens sechs Militärbasen vorgesehen. Sie haben eine günstige Lage sowohl für eine strategische Kontrolle des gesamten irakischen Territoriums als auch für militärische Operationen im Iran, Syrien und anderen Nachbarstaaten. Entsprechende Festlegungen enthält nach Informationen der taz der bislang noch unter Verschluss gehaltene Teil der Vereinbarung, die der Chef der US-Besatzungsbehörde im Irak, Paul Bremer, am 15. November mit dem von Washington ernannten Übergangsrat in Bagdad getroffen hatte.

Veröffentlicht wurde bislang nur der neue Zeitplan für die Machtübergabe, auf den sich die Bush-Administration unter dem Druck der eskalierenden Probleme im Irak verständigt hatte. Danach soll eine aus Delegierten von 18 Regionalversammlungen zusammengesetzte Nationalversammlung bis spätestens 30. Juni nächsten Jahres die provisorische Regierung wählen. Bis Ende 2005 sind die Ausarbeitung einer Verfassung sowie allgemeine Wahlen zur Bestimmung eines Parlaments und der endgültigen Regierung vorgesehen.

Laut dem unveröffentlichten Teil der Vereinbarung ist geplant, dass die künftige provisorische Regierung in Bagdad die USA und Großbritannien offiziell ersucht, zwecks „Gewährleistung der Sicherheit“ zumindest einen Teil ihrer über 180.000 Soldaten im Irak zu belassen, und entsprechende Stationierungsabkommen abschließt. Als Standorte vorgesehen sind vier Luftwaffenbasen: Südlich von Bagdad al-Schabija in Basra und Ali Ibn Abi Taleb bei Nassirija, im Westen al-Habbanija bei Falludscha, sowie al-Walid, das rund 330 Kilometer nordwestlich von Bagdad liegt. Hinzu kommt das Militärcamp al-Gasiani in Mossul. Im Osten Iraks ist die Stationierung von Truppen in der an Iran grenzenden Bergregion Hamrin geplant, die sich von der Provinz Dijala, 60 Kilometer östlich von Bagdad, bis zur Ölstadt Kirkuk im Norden erstreckt.

Die Vereinbarung zwischen Bremer und dem Übergangsrat sieht keine zeitliche Befristung für die Stationierung amerikanisch-britischer Streitkräfte oder für die Nutzung der Basen vor. Ebenso fehlt eine Regelung für eine Aufkündigung der Stationierungs-und Nutzungsrechte durch eine vom Volk gewählte Regierung ab spätestens Ende 2005.

Der Übergangsrat hat inzwischen per Schreiben seines Vorsitzenden, des Kurdenführers Dschalal Talabani, an UNO-Generalsekretär Kofi Annan den Sicherheitsrat ersucht, den neuen Zeitplan für eine Machtübergabe durch eine weitere Resolution abzusegnen. Der Brief enthält allerdings nur den Zeitplan, nicht jedoch die Vereinbarungen mit der Bush-Administration über die fortgesetzte amerikanisch-britische Militärpräsenz im Irak über Ende Juni 2004 hinaus.

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