Salmo Salar kehrt an die Sieg zurück

Das Wanderfischprogramm ist ein Vorzeigeprojekt von NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn. Doch noch immer stehen viele Hindernisse den Kiementieren im Weg, weniger als ein Prozent schafft den Weg ins Meer und zurück an die Sieg

Kein Land investiert so viel in die Rückkehr der Wanderfische wie NRW

Von Torsten Schäfer

An der Sieg hat der Lachsaufstieg begonnen, der jedes Jahr tausende Schaulustige an den Fluss lockt. Unter ihnen war auch NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne): „In der Hochzeit sieht man hier alle zehn Minuten einen springenden Fisch“, erzählt sie begeistert. Seit 1998 kämpfen die Landesregierung und der Fischereiverband NRW im Wanderfischprogramm für die Rückkehr von Lachs und Meerforelle nach Nordrhein-Westfalen. 1956 war der Lachs hier ausgestorben.

Hauptziel des Projekts ist ein Lachsbestand, der sich selbst erhält. „Um eine natürliche Vermehrung zu erreichen, müssen jedes Jahr tausend Lachse zurückkehren und in NRW ablaichen“, sagt Höhn. Zwischen 2000 und 2003 kehrten aber nur 1.100 Lachse zurück. „Das ist noch zu wenig“, weiß auch die Ministerin.

Damit die Zahl der Rückkehrer steigt, setzen Biologen Millionen von Jungfischen aus. Nach einem Jahr ziehen die kleinen Lachse zur Nordsee. Doch nur weniger als ein Prozent schafft den Weg ins Meer und wieder zurück. „Viele werden von Raubfischen und Vögeln gefressen, in den Turbinen der Wasserkraftwerke zerstückelt oder von Berufsfischern im Rhein gefangen“, erklärt der zuständige Fischereibiologe Armin Nemitz. Im Meer angekommen, landen viele Lachse in den Netzen der Hochseefischer. Überlebt Salmo Salar die Jugend auf See, versperren ihm bei der Rückkehr im niederländischen Rheindelta gewaltige Schleusen den Weg. Doch ab 2008 sollen die Schleusen teilweise geöffnet werden, sagt Bärbel Höhn, „das wäre eine große Erleichterung.“

Auch viele andere Fischarten profitierten vom Lachsschutz. Einige Flüsse sind durch die Schutzmaßnahmen wieder so sauber, dass die ebenfalls verschwundenen Fluss- und Meerneunaugen dort wieder heimisch geworden sind. Und in manchen Bächen kommt die natürliche Lachs-Vermehrung langsam in Gang. Außerdem hätten sich schon mehr als 3.000 Besucher an der Sieg über die Lachse informiert. „Unser Programm ist Referenzprojekt für viele andere europäische Wanderfischprojekte“, sagt Höhn.

Kein Bundesland investiert so viel in die Rückkehr von Wanderfischen wie NRW, das 700.000 Euro im Jahr für den Lachsschutz ausgibt. Das Wanderfischprogramm ist für Höhn aber nicht nur zum Vorzeigeprojekt grüner Artenschutzpolitik geworden. Die Ministerin sieht im aufkeimenden Naturtourismus auch eine Einnahmequelle für die Kommunen an Lachsflüssen wie Sieg, Wupper oder Eifelrur.

Doch noch gibt es zu wenige saubere Kiesbetten, in denen Lachse laichen können. Deshalb graben Bagger verschlammte Kiesbetten um oder bringen neuen Kies in die Bäche ein. Schon mehr als 40 Wehre wurden entfernt oder umgebaut, die den Fischen den Weg versperrten. Als im vergangenen Jahr Betreiber von Wasserkraftwerken ihre Anlagen umbauen sollten, hagelte es laute Proteste. „Wir werden nun bestimmte Flüsse für die Wasserkraft und andere für die Wanderfische ausweisen“, erklärt Höhn den Kompromiss. So wird die Ruhr, ein Fluss mit vielen Kraftwerken, der Wasserkraft vorbehalten sein. Die Sieg wird weiter für den Lachs geöffnet. Noch bis 2010 fließen die Gelder aus Steuermitteln und Fischereiabgabe. Danach werden die Projektmittel gekürzt. Höhn erwartet, dass dann die Mindestzahl von 1.000 Lachsen im Jahr zurückkehren wird. Ob die Wanderfische mittelfristig eine Chance haben, hängt auch von der EU ab. Denn dort entscheidet sich der Erfolg des Wanderfischprogramms: „Europaweit geht der Lachs zurück. Die rigorose Hochseefischerei ist das Hauptproblem“, erklärt Armin Nemitz. „Wir in NRW sind dagegen einfach machtlos.“