Nintendo 3DS: Daddeln in der dritten Dimension

Nintendo lässt Spieler mit der Konsole 3DS in die dritte Dimension blicken. Das brillenlose Vergnügen ist ein Erlebnis, auch wenn es die Augen anstrengt.

Spiel mit mir: Nintendos 3DS. Bild: nintendo

3D heißt der neue Trend in deutschen Wohnzimmern. Zumindest laut Herstellern der passenden Geräte, die die neue Technik pausenlos als neuen Standard anpreisen. Doch durchgesetzt hat sich die Unterhaltung mit Tiefenwirkung noch nicht. Zu umständlich der Gebrauch der benötigten Brillen, zu teuer die 3D tauglichen Fernsehgeräte.

In Kürze könnte der Trend sich tatsächlich durchsetzen. Allerdings nicht an der heimischen Flimmerkiste, sondern ausgerechnet unterwegs. Mit einer tragbaren Spielkonsole: Nintendo veröffentlicht am Freitag den 3DS, der Spiele auch ohne Brille in 3D erkennbar macht. Die Zahl der Vorbestellungen verspricht für den Spielemini schon jetzt einen Erfolg.

Als die Minikonsole erstmals angekündigt wurde, waren viele skeptisch: "3D ohne Brille? Das funktioniert?" Ja, sogar ziemlich gut. Mittels zweier versetzter Bilder, die der Screen anzeigt und jeweils an ein Auge sendet. Ähnlich wie bei den bekannten Wackelbildern. Bei manchen Spielen ist der 3D-Effekt nur eine optische Spielerei, um die zu pflegenden Hundewelpen in "Nintendogs + Cats" noch niedlicher und die Levels, durch die der Spieleheld in "Rayman 3D" hüpft, noch plastischer wirken zu lassen.

Ein rein kosmetisches Extra, das aber die erhoffte Wirkung erzielt. Die Funktion macht Lust auf mehr und bietet ein neues Spielerlebnis. Selbst von den großen Heimkonsolen bereits bekannte Games wie "Splinter Cell" und "Street Fighter IV" machen in der 3D-Variante auch beim erneuten Spielen Spaß.

GameBoy. 1990 erschienen. 118.69 verkaufte Exemplare (GB insgesamt, inkl. GBA, Micro). Der erste GameBoy

erscheint in Japan bereits 1989 und machte das Spiel Tetris zum Kult. 1998 folgte ein Modell mit Farbdisplay: Der GameBoy Color.

GameBoy Advance. Mehr Power, bessere Grafik und ergonomische Form versprach der GBA. Einziges Problem: ohne Außenbeleuchtung war nichts zu erkennen. Abhilfe schaffte der zusammenklappbare Nachfolger GBA SP im Jahr

2003.

GameBoy Micro. Formschön, aber erfolglos war der Mikro-GameBoy.

Nintendo DS (Dual Screen). 146,28 Millionen verkaufte Exemplare (alle DS-Varianten). Während auf dem oberen Bildschirm das Spielgeschehen ablief, konnte man auf dem unteren, berührungsempfindlichen Screen Menüpunkte aufrufen und per Fingerdruck Figuren steuern. Das ist auf dem 3DS auch noch so. Es folgten verschiedene Varianten wie der schlankere DS Lite 2006, der leicht verbesserte DSi im Jahr 2009 und 2010 der DSi XL.

(Quelle Verkaufszahlen: VGChartz)

Bei anderen Games verbessert der dreidimensionale Effekt sogar die Spielmechanik. Etwa bei "Pro Evolution Soccer 2011 3D", neben der virtuellen Welpensschule "Nintendogs + Cats" einer der beiden Hitkandidaten der 13 erhältlichen Starttitel. Waren Fußballsimulationen bislang nur auf dem großen Fernsehbildschirm so richtig unterhaltsam, lässt der Blick in die Tiefe endlich auch am Minibildschirm Entfernungen auf dem virtuellen Platz erkennen.

Damit sind Pässe und Flanken kein Schuss ins Blaue mehr. Dank verbesserter Grafikqualität sehen Besitzer der Kleinkonsole nicht nur identische Männchen über das Grün rennen, sondern können Podolski von Khedira unterscheiden.

Pause für die Augen

Besonders realistisch wirkt der 3D-Effekt bei Spielen, bei denen man mittels Bewegung der Konsole ein Objekt umkreisen kann, als würde eine Kamera um es herumfahren. Auch bei rasanter Action wie beim Rennspiel "Ridge Racer 3D" beeindruckt die Tiefenwirkung. Nach einer Weile allerdings wird der mitreißende Spaß zur harten Arbeit.

Schließlich ist das menschliche Auge nicht an künstliches 3D gewöhnt. Nach etwa einer halben Stunde brauchen die Augen eine Pause, sonst werden sie träge oder Kopfschmerzen stellen sich ein. Wie gut, dass man die 3D-Stärke mit einem Regler stufenlos verstellen und so minimieren oder gar völlig abschalten kann, wenn der Blick in die Tiefe zu anstrengend wird.

Dass Nintendo andere Wege geht als die Konkurrenz, hat das japanische Unternehmen mehrfach gezeigt. Während andere die Gemeinde der Spieler mit immer besserer Grafikpower begeistern wollten, setzte Nintendo auf Massentauglichkeit durch einfache Bedienung. Durch Bewegungssteuerung auf der Wii und Berührungssteuerung des Touch Screens auf dem tragbaren DS. Mit Erfolg.

2D-Bild eines 3D-Autorennspiels. Bild: Nintendo

Obwohl eingefleischte Gamer von der Grafikqualität der Wii enttäuscht waren, verkaufte sich das Gerät weltweit rund 86 Millionen mal. Unter anderem an völlig neue Zielgruppen wie Senioren. Nintendos größte Stärke ist der Markt der Handheldkonsolen, also der tragbaren Geräte. Der Name des in den USA und Japan 1989 veröffentlichten GameBoy ist mittlerweile zum Synonym für portable Spielkonsolen geworden. Der 3DS-Vorgänger Nintendo DS führt sogar die Verkaufscharts der Konsolen an.

Mit dem Thema 3D hat die Forschungsabteilung des Unternehmens sich schon lange beschäftigt. Hat es auf der Heimkonsole GameCube getestet, für den entsprechende Displays aber zu teuer gewesen wären. Tests auf dem 2003 erschienenen GameBoy Advance SP zeigten, dass dessen Grafikqualität nicht ausreichte, um ein überzeugendes 3D-Bild darzustellen. Nach jahrelangem Herumprobieren verschwand die Idee vom 3D wieder in der Schublade.

Nun sind 3D-Bildschirme bezahlbar und die Grafikqualität der Konsolen leistungsstark genug. Also wurde das 3D-Projekt wieder angeschoben. Warum ausgerechnet auf einer tragbaren Konsole? Weil Nintendo laut Geschäftsführer Satoru Iwata unbedingt 3D ohne Brille bieten wollte. Er nahm an, dass nur ein Bruchteil der Spieler sich solch eine Brille kaufen und so die dritte Dimension nutzen würde.

"Handheld-Konsolen eignen sich viel besser dafür, die Spielwelt mit 3D-Grafiken abzubilden", sagt Shigeru Miyamoto, Erfinder der Mario-Spiele und einer der Leiter von Nintendo. "Bei Handheldkonsolen müssen wir jedem Spieler sowieso einen Bildschirm zur Verfügung stellen. Das ist bei Heimkonsolen nicht möglich."

Also erweiterte der Hersteller seinen Verkaufsschlager Nintendo DS entsprechend. Das Ergebnis sieht auf den ersten Blick so aus wie der Vorgänger. Nach dem Aufklappen offenbart sich neben dem oberen 3D-Bildschirm auf der unteren Seite der bekannte, berührungsempfindliche Screen. Nur der Steuerstick, der nun das Steuerkreuz ersetzt, lässt erkennen, dass etwas anders ist.

Augmented Reality

Neben Games spielt das Gerät auch 3D-Filme ab, die künftig erhältlich sein sollen. Weitere Spielereien sind das Knipsen von 3D-Fotos und der eingebaute Schrittzähler. Besonders viel versprechend ist die Funktion Augmented Reality, erweiterte Realität. Die Software filmt die Umgebung des Spielers ab und baut auf dem Bildschirm Objekte darin ein.

Wer eine spezielle Karte auf den Esstisch legt, sieht plötzlich einen virtuellen Drachen aus der Tischplatte kommen. Eine spannende Idee, die bislang leider nur in einem integrierten Minispiel genutzt wird. Künftig soll diese Funktion in weitere Spiele eingebaut werden.

Auch wenn Nintendos Konzepte sich von denen anderer unterscheiden, kommen auch sie an einigen Massentrends nicht vorbei. Wie zum Beispiel der Vernetzung. Während andere Konsolen auf epische Online-Matches setzen, spielt auf dem 3DS das Tauschen von Inhalten eine große Rolle. Wer mit eingeschaltetem Gerät an einem anderen 3DS-Besitzer vorbeigeht, kann so mit ihm Spielfiguren austauschen. Ein Browser ist in Arbeit und soll nachgeliefert werden.

Allen Anstrengungen für die Augen zum Trotz: 3D ist ein Erlebnis. Auch unterwegs. Die Spiele fühlen sich dank Tiefenschärfe echter, unmittelbarer an. Das hat allerdings seinen Preis. Knapp 250 Euro plus rund 45 Euro pro Spiel sind eine stolze Summe für eine Minikonsole. Ein Hit wird das Gerät wohl trotzdem werden. Bei der englischen Niederlassung von Amazon ist der 3DS bereits die meistvorbestellte Konsole aller Zeiten.

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