Kein Asyl für US-Deserteur: "Held des Alltags" abgelehnt

Weil er den Irakkrieg für illegal hielt, desertierte André Shepherd aus der US-Armee und bat um Asyl. Das Bundesamt für Flüchtlinge beschied den Antrag negativ.

Ihm droht jetzt die Abschiebung in die USA: der ehemalige Soldat André Shepherd. Bild: Anja Weber

BERLIN taz | Deutschland gewährt dem US-amerikanischen Deserteur André Shepherd kein Asyl. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat am Montag seinen Antrag nach über zwei Jahren abgelehnt.

Shepherd hatte um politisches Asyl ersucht, weil er sich nicht an dem seiner Ansicht nach völkerrechtswidrigen Krieg im Irak beteiligen wollte. Shepherds Fall hatte in den vergangenen Jahren eine Welle der Unterstützung ausgelöst. Die taz-Leserschaft verlieh ihm im vergangenen Jahr den Panter Preis als "Held des Alltags".

Seit dem Vietnamkrieg hat kein amerikanischer GI mehr in Deutschland Asyl beantragt. André Shepherd war die erste und bislang einzige Ausnahme. Begründet hatte der Hubschraubermechaniker das Gesuch mit seiner Weigerung, für die US-Armee ein zweites Mal in den Irak einzurücken, und der anschließenden Fahnenflucht.

19 Monate im Untergrund

Zum ersten Mal war Shepherd zwischen September 2004 und Februar 2005 im Irak im Einsatz. In der Zeit kamen ihm erste Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Krieges. Zurück in Deutschland, war Shepherd schließlich überzeugt: Der Irakkrieg ist illegal. Als er im Frühjahr 2007 den erneuten Marschbefehl Richtung Irak erhielt, setzte er sich von seiner Einheit, dem 412. Luftunterstützungsbataillon, ab. 19 Monate verbrachte der Fahnenflüchtling im Untergrund. Im November 2008 ersuchte er schließlich um politisches Asyl.

In seinem Antrag berief er sich auf eine EU-Richtlinie vom April 2004, nach der Militärdienstverweigerer als Flüchtlinge anerkannt werden können, wenn sie aus einem Konflikt desertierten, der das Gewaltverbot der Charta der Vereinten Nationen verletzt. Für Shepherd war der Irakkrieg ein solcher völkerrechtswidriger Krieg. Außerdem befürchtete er, im Einsatz in Kriegsverbrechen verwickelt werden zu können.

Das BAMF teilt diese Befürchtung nicht. In seiner Begründung schreibt das Nürnberger Bundesamt, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass "der Asylbewerber bei einem erneuten Einsatz im Irak in Kriegsverbrechen oder andere Straftaten verwickelt werden könnte". Er habe zudem keine "konkreten Straftaten" nennen können, "die von seiner Einheit während seines ersten Einsatzes begangen worden wären". Und als Hubschraubermechaniker laufe er "nicht Gefahr, selbst in Kampfhandlungen und dabei mögliche Straftaten verwickelt zu werden".

Einsatz war völkerrechtlich legitimiert

Auf Shepherds Argument, die Irak-Invasion habe gegen das Völkerrecht verstoßen, kommt es laut BAMF gar nicht an. Denn "schon vor dem ersten Aufenthalt des Asylbewerbers im Irak hatten die irakischen Streitkräfte kapituliert", so das BAMF. Der anschließende Einsatz der Koalitionsstreitkräfte habe allein "die Wiederherstellung der Sicherheit und Stabilität des Landes zum Ziel" gehabt und sei "durch Mandat des UN-Sicherheitsrates völkerrechtlich legitimiert".

Das BAMF schließt sich damit einer eigenwilligen Interpretation des Völkerrechts an. So hat etwa das Bundesverwaltungsgericht in dieser Frage schon einmal grundsätzlich anders entschieden: Im Juni 2005 rehabilitierte das Leipziger Gericht einen degradierten Bundeswehroffizier, der sich geweigert hatte, eine Software zu entwickeln, die den USA im Irakkrieg zumindest indirekt hätte dienlich sein können. Gegen den Krieg im Irak, so das Gericht, bestünden "gravierende rechtliche Bedenken im Hinblick auf das Gewaltverbot der UNO-Charta".

Dass das BAMF anders entschieden hat, muss nicht das Ende von Shepherds Kampf um Anerkennung sein. Gegen den Bescheid kann geklagt werden. Zum weiteren Vorgehen wollten sich am Dienstag weder Shepherd noch seine Unterstützer öffentlich äußern. "Wir prüfen die Situation sehr sorgfältig", sagte Shepherd der taz.

Solange sich Shepherd gerichtlich wehrt, kann er nicht in die USA abgeschoben werden. Dort droht ihm eine mehrjährige Haftstrafe. Zumindest theoretisch könnte ihn ein US-Militärgericht zum Tode verurteilen.

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