Denkmal für die Wiedervereinigung: Einheit wirft sich in Schale

Sasha Waltz und Johannes Milla bauen Einheitsdenkmal. Staatsminister will Juryentscheidung umsetzen. Grüne und Linke weiter gegen den umstrittenen Entwurf.

Die Wippe gerät ins Wanken, wenn sich Menschenmassen auf ihr auf eine Seite bewegen: Der Siegerentwurf für das Denkmal auf dem Berliner Schlossplatz Bild: dapd

Die große Wippe hat das Rennen gemacht: Das Freiheits- und Einheitsdenkmal auf dem Berliner Schlossplatz soll nach dem Entwurf von Johannes Milla (Stuttgart) und Sasha Waltz (Berlin) gebaut werden. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) und der Kulturausschuss des Deutschen Bundestages beschlossen auf ihrer Sitzung am Mittwoch, dass die 50 Meter lange Skulptur "Bürger in Bewegung" des Stuttgarter Designers und der bekannten Choreographin den Zuschlag erhält.

Damit ist zwar eine Entscheidung über das seit 2007 geplante Denkmal zur Erinnerung an die Zeit der friedlichen Revolution 1989/1990 gefallen, Kritik an dem umstrittenen Entwurf und dem langen Verfahren hagelte es nach dem Beschluss aber erneut.

Die Form, ihre Symbolik und dass Bürger das Denkmal - wie die Macht im Herbst 89 - "selbst erobern können", waren die Assoziationen, die für Neumann, die 15-köpfige Jury und den Ausschuss den Ausschlag gaben, die begehbare Waagschale als Siegerentwurf auszuwählen. Die Skulptur rege zudem "zum Nachdenken über die Werte Freiheit und Einheit an", so Neumann. Nach Ansicht des Staatsministers soll das Denkmal bald realisiert werden. Für den Bau stehen 10 Millionen Euro zur Verfügung.

Vorgesehen ist, dass die Milla-Waltz-Skulptur auf dem Sockel des einstigen Kaiser-Wilhelm-Denkmals entsteht. Zu der langen vergoldeten Wippe hinauf führt eine Treppe. Die Fläche ist begehbar, laufen Besucher über das Denkmal, schwankt es leicht. Zudem soll die Oberfläche mit Texten und Bildern vom Herbst 1989 verziert werden.

Milla/Waltz setzten sich gegen die Architekten Andreas Meck (München) und Stephan Balkenhol (Karlsruhe) durch. Balkenhol hatte - zum Entsetzen vieler - einen knienden Riesen als Zeichen für das Einheitsdenkmal vorgeschlagen. Alle drei Teams waren im Oktober 2010 nach dem zweiten Wettbewerbsverfahren zu Siegern erklärt worden, mussten ihre Entwürfe aber überarbeiten. Ein erster internationaler Wettbewerb - "Pannenwettbewerb" genannt - war 2009 gescheitert. Keine der 523 eingereichten Arbeiten von Künstlern und Architekten konnte überzeugen.

Während aus Regierungskreisen die jetzige Entscheidung begrüßt wurde, sprachen sich Grüne und Linke erneut gegen das Denkmal und das "intransparente" Verfahren aus. Grünen-Chefin Claudia Roth forderte eine neue "öffentliche Diskussion" über ein solch wichtiges Projekt. Die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Berliner Grünenfraktion, Franziska Eichstädt-Bohlig, monierte: "Die Einheitsschale ist keine Lösung." Es fehle bis heute eine gesellschaftliche Verständigung "über das Ziel, die Konzeption und den Standort." Zudem sei der Entwurf "nicht überzeugend".

Unterstützung erhielten die Grünen von der kulturpolitischen Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag, Luc Jochimsen. Sie kritisierte, dass der Ausschuss zum "Abnickgremium" degradiert wurde. Der kulturpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Börnsen, verteidigte dagegen den Siegerentwurf: Die Union "begrüßt ausdrücklich die Entscheidung der Jury" für den Entwurf von Milla/Waltz. Er sei "überzeugend". Die Kritik der Grünen tat Börnsen als "Verfahrensmäkeleien" ab.

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