Eichel spart sich Klimaschutz

Das Altbausanierungsprogramm ist ein zentraler Bestandteil der grünen Strategie „weg vom Öl“. Der Finanzminister will es drastisch kürzen, um künftige Defizite zu vermeiden. Allein dieses Jahr muss er wohl über 43 Milliarden Euro Schulden machen

AUS BERLIN MATTHIAS URBACH

Bisher blieb es in der Koalition erstaunlich ruhig um den Haushalt 2005. Doch nun überschritt Finanzminister Hans Eichel (SPD) aus grüner Sicht ein Tabu. Mit seiner Vorgabe, das Altbausanierungsprogramm von 360 Millionen Euro auf 200 Millionen Euro zu kürzen, will er nicht nur in einem Herzstück grüner Programmatik, dem Klimaschutz, sparen. Er widmete auch einen Teil der Ökosteuer um. Denn aus ihr wird dieses Programm zu einem Großteil offiziell finanziert.

Das Altbausanierungsprogramm startete 2001. „Über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) werden hierfür im Zeitraum 2001 bis 2005 zwei Milliarden Mark bereitgestellt“, hieß es damals in einer Bekanntmachung des Umweltministeriums. Das entspricht rund 200 Millionen Euro pro Jahr. Das Geld stammte aus den Erlösen durch die Versteigerung der UMTS-Mobilfunkfrequenzen. Damit sollen Wände gedämmt oder Heizkessel modernisiert werden in Gebäuden, die vor 1979 errichtet wurden. Fünf bis sieben Millionen Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid sollten damit am Ende eingespart werden – das trüge allein vier Prozent zum deutschen Klimaschutzziel bei.

Als 2002 einige Ausnahmetatbestände bei der Ökosteuer gestrichen wurden, wurde mit einem Teil der Erlöse das Altbausanierungsprogramm auf 360 Millionen Euro pro Jahr aufgestockt. Diese 160 Millionen Euro, die offiziell über den Etat von Bauminister Manfred Stolpe laufen, will Eichel nun wieder einkassieren.

Dabei wollen die Grünen die erfolgreiche Förderung eigentlich ausbauen. In ihrer Anfang Juni beschlossenen „Strategie weg vom Öl“ hatte der Parteivorstand eigentlich angesichts der hohen Ölpreise eine Verdoppelung der Förderung vorgesehen. Diesen Anspruch untermauerte nun auch die Fraktion, die nach Informationen der taz am Montag beschloss, Eichels Kürzung nicht hinnehmen zu wollen.

Die Sparvorgabe Eichels „passt überhaupt nicht in die Zeit“, sagt der grüne Fraktionsvize Reinhard Loske, „gerade jetzt reden wir über Strategien weg vom Öl.“ Zudem schaffe das Altbausanierungsprogramm zusätzliche Beschäftigung. Da durch das Altbausanierungsprogramm nur private Kredite verbilligt werden, zieht jeder ausgezahlte Euro ein Vielfaches an privaten Investitionen nach sich. Bislang vergab die Kreditanstalt subventionierte Darlehen in Höhe von 3,1 Milliarden Euro.

Allerdings sind zurzeit nicht nur die Ölpreise hoch, sondern auch die Steuereinnahmen niedrig. Eichel arbeitet bereits an einem Nachtragshaushalt für 2004, den er nun doch schon kommende Woche dem Kabinett vorlegen will. Und die Steuerausfälle sind offenbar noch größer als befürchtet. Bislang ging der Minister von einem Fehlbetrag von 10 bis 11 Milliarden Euro aus. Gestern nun erklärte Eichel, es sei eher mit 14 Milliarden zu rechnen. Damit summiert sich die Neuverschuldung für 2004 auf über 43 Milliarden. Als Grund für das Defizit nannte Eichel sinkende Einnahmen durch Tabak-, Mineralöl- und Einkommensteuer. Die Steueramnestie brachte bislang nur 318 Millionen Euro ein – weshalb Eichel nur noch mit 600 Millionen anstatt 2 Milliarden Euro am Jahresende rechnet. Zudem benötigt die Bundesagentur für Arbeit höhere Zuschüsse. Eichel muss also kürzen, die Grünen wollen kämpfen. Die Ruhe ist vorbei.