Castro, Mauer auf!

Fidel Castro verweigert Claudia Roth ein Visum. Altersstarrsinn und Machtposen erinnern an die letzte Zeit des DDR-Staatssozialismus

aus Berlin GABI ZIMMER

Claudia Roth ein trojanisches Pferd? Wenige Wochen nachdem Fidel Castro den Europäern die Leviten las und sie wegen ihrer Kritik an der standrechtlichen Erschießung von drei Bootsentführern als „trojanisches Pferd der USA“ bezeichnete, kam die Einreiseverweigerung für Claudia Roth, Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung.

Sicher hat jeder Staat das Recht, zu entscheiden, wer gern gesehener Gast im eigenen Land ist und wer nicht. Unakzeptabel ist diese Entscheidung für mich dennoch. Es ist auch noch nicht allzu lange her, dass Vertreter der kubanischen Regierung und der kubanischen KP indirekt ihren Fehler eingestanden, den damaligen Staatssekretär Ludger Volmer ausgeladen zu haben. Danach bemühte sich Havanna erkennbar um eine Verbesserung der politischen und wirtschaftlichen Kontakte zur Bundesrepublik Deutschland und stieß dabei durchaus auf offene Ohren. Warum also macht Castro den alten Fehler noch einmal?

Liebe kubanische Freunde, ihr kritisiert die Arroganz der westlichen Demokratien, auch mancher Linken oftmals zu Recht. Dennoch, ihr könnt eure politische und wirtschaftliche Isolierung nicht durchbrechen und bessere Lebensverhältnisse für die Menschen in Kuba erreichen, wenn ihr meint, dass ihr euch nur wohlmeinende Freunde einladen wollt. Ihr könnt auch den USA nicht weiterhin erfolgreich den Stinkefinger zeigen und auf die Solidarität vieler Völker hoffen, wenn Ihr gleichzeitig bockt und Andersdenkende ausgrenzt.

Es ist richtig, die Folgen der jahrzehntelangen Blockade durch die USA, des über Nacht erfolgten Rückzugs der Russen aus eurem Land, der Verweigerung von Handelsvorteilen auch durch die Europäische Union und der wiederholten Naturkatastrophen haben Kuba schwer zu schaffen gemacht. Hunger, Versorgungsdefizite bei Konsumgütern ebenso wie bei Medikamenten – nur allmählich konnten die schlimmsten Engpässe von Mitte der Neunzigerjahre überwunden werden. Es ist beeindruckend gewesen, zu erleben mit wie viel Stolz, Souveränität und gegenseitiger Solidarität viele Kubaner und Kubanerinnen sich auch in diesen Zeiten für ihr Land engagierten und vor allem den Amerikanern beweisen wollten, dass sie sich nicht unterkriegen lassen. Das war nicht nur Show und Propaganda.

Umso unverständlicher ist mir die mangelnde Bereitschaft und Einsicht Castros, den kubanischen Bürgerinnen und Bürgern alle politischen und persönlichen Freiheitsrechte zuzugestehen.

Es ist an der Zeit, dass das so genannte Varela-Projekt für mehr Demokratie endlich ernst genommen wird. Bereits im vergangenen Mai überbrachten die Initiatoren der Bewegung „Todos Unidos“ der Nationalversammlung 11.000 Unterschriften von kubanischen Frauen und Männern, die ein Referendum über grundlegende Freiheitsrechte forderten.

Stattdessen wurde in einer Gegenkampagne der Sozialismus in der kubanischen Verfassung festgeschrieben. Das gibt doch aber nur dann einen Sinn, wenn damit gleichzeitig die Unteilbarkeit der sozialen und Freiheitsrechte, von Demokratie und Gerechtigkeit verankert werden.

Natürlich habe ich, wenn ich über Kuba und die restriktive Einreisepolitik der kubanischen Regierung schreibe, auch die letzte Zeit des DDR-Staatssozialismus in Erinnerung. Mit Altersstarrsinn und Machtposen, mit einer Verweigerungshaltung gegenüber dem eigenen Volk, mit Trotz, der die Realität ausblendet, hat noch kein Staat überleben können.

Obwohl in Kuba bisher kaum jemand laut über die Zeit nach Castro redet: Mich plagt die Vorstellung von einem Kuba, in dem alle Widersprüche mit einem Mal aufbrechen und von den hehren Idealen der Revolution nicht mehr viel bleibt. Dabei steht gerade Kuba doch für Hoffnung, für das Glas Milch für jedes Kind, für den Widerstand gegen eine Weltmacht, die an Aggressivität nichts zu wünschen übrig lässt.

Überlasst Demokratie und Menschenrechte nicht den anderen! So wie der Dialog mit den gesellschaftlichen Gruppen im Land geführt werden muss, darf der Dialog weder mit den Europäern noch mit anderen Staatengruppen verweigert werden. Kuba muss sich öffnen und sich nicht die falschen Freunde suchen. Hugo Chávez, der venezuelanische Präsident und Polithasardeur, ist dazu ebenso wenig geeignet wie Ronald Schill, der in Hamburg untergegangene Exsenator. Letzterer hatte vor kurzem angekündigt, Urlaub in Kuba machen zu wollen. „Mich fasziniert der morbide Charme des untergehenden Castro-Regimes.“ Lasst ihn bitte schön rein, lasst ihn bitte auch zahlen, aber um Himmels willen, lasst euch von ihm keine Lehren erteilen, wie man Ordnung und Sicherheit schafft.

Gabi Zimmer ist ehem. Parteivorsitzende der PDS