„Meine Rolle wird die des Motivators sein“

Sein Ziel: die Hauptstadt Südkoreas zur kulturliebendsten Metropole der Welt machen. Sein Plan für Berlin: Kultur, Kultur, nochmals Kultur. Ein Gespräch mit Seouls Bürgermeister Lee Myung Bak über die Asien-Pazifik-Wochen 2005

taz: Herr Lee, Korea wird das Schwerpunktland der Asien-Pazifik-Wochen 2005. Was bedeutet das für Korea?

Lee Myung Bak: Für uns ist es von großer Bedeutung, dass wir uns hier in Berlin, der ehemals geteilten Stadt, präsentieren können.

Heißt das, dass die Asien-Pazifik-Wochen politischer werden, als sie bislang waren?

Unser Schwerpunkt wird auf der Kultur liegen, dann folgt die Wirtschaft, dann die Politik – in dieser Reihenfolge.

Mit welchem kulturellen Profil wird sich Korea hier präsentieren?

Ich bin sicher, dass die Berliner viel mehr über die japanische und die chinesische Kultur wissen als über die koreanische. Ich will daher ein sehr umfangreiches Kulturprogramm vorstellen. Allein Seoul ist als Hauptstadt 600 Jahre alt und hat eine ganz eigenständige Kultur.

In Asien übersetzt Südkorea die meisten deutschen Bücher. Haben die Koreaner ein spezielles Interesse an Deutschland?

Ich bin jetzt 61 Jahre alt. Als ich Kind war, haben wir zunächst Englisch in der Schule gelernt und als zweite Fremdsprache Deutsch. Aus dieser Tradition heraus haben die Koreaner eine enge Verbundenheit zur deutschen Literatur, Musik und Philosophie.

Herr Lee, Sie waren fast zwei Jahrzehnte lang Manager beim Weltkonzern Hyundai. Und nun wollen sie uns eher Kultur statt Wirtschaft präsentieren?

Mein Ziel ist es, Seoul zu einer der kulturliebendsten und umweltfreundlichsten Städte zu machen. Ein Beispiel: Gerade haben wir angefangen, den Fluss, der Seoul durchfließt, wieder zu renaturieren und die Betonstraße, die ihn zudeckt, abzureißen.

Wollen Sie denn hier gar nicht über Wirtschaft reden?

Ich habe mit diesem Thema absolut kein Problem. Geld spielt ja bei allen Zielen eine grundlegende Rolle.

oder ist für Sie das klamme Berlin als Wirtschaftsstandort völlig uninteressant?

Nein, ich glaube, dass die Folgen der Wiedervereinigung für Berlin eine riesige Belastung sind. Eine Generation lang wird man hier hart arbeiten müssen, erst die nächste wird die Früchte dessen ernten können.

Korea war mit Sicherheit die Nation, die die deutsche Wiedervereinigung und ihre Probleme am intensivsten beobachtet hat. Werden Sie dazu hier in 2005 einen Dialog anbieten?

Ein Forum zum Thema Wiedervereinigung muss meiner Meinung nach sein.

Sind Sie optimistisch, dass bis 2005 im Annäherungsprozess Nord- und Südkoreas schon einiges passiert sein wird?

Ich bin weder optimistisch noch pessimistisch. Die Beziehungen zwischen dem Süden und dem Norden sind eigentlich sehr gut, das Problem ist nur das Atomprogramm Nordkoreas. Das können wir aber nicht alleine lösen, das ist ein internationales Problem.

An den bisherigen Asien-Pazifik-Wochen wurde stets kritisiert, dass die Regierungen der Schwerpunktländer zu viel Propaganda veranstaltet haben und zu wenig kritische Auseinandersetzung mit ihren Ländern zugelassen haben. Wie wird das im Fall Koreas sein?

Ich will das, was Korea ist, einfach so zeigen, wie es ist. Natürlich auch unsere Vision von Korea, unsere Zukunft.

Werden Sie dafür sorgen, dass sich mehr Unternehmen an der Präsentation beteiligen und weniger der Staat?

Meiner Auffassung nach sollte sich die koreanische Regierung bei so was im Hintergrund halten. Wichtig ist, dass sich die Zivilgesellschaft, zu der auch Unternehmen gehören, hier voll entfalten kann. Meine Rolle wird höchstens die eines Motivators und eines Koordinators hinter den Kulissen sein. In diesem Jahr sind hier 12 koreanische Veranstaltungen im Programm. Nur eine davon ist staatlich organisiert, nämlich die des koreanischen Staatsorchesters.

2005 werden Sie einem homosexuellen Berliner Bürgermeister die Hand schütteln. Ist das in Korea ein Thema?

Das ist kein Problem. Händeschütteln oder eine Umarmung, das ist doch keine Frage.

INTERVIEW: A. WOLTERSDORF