Anschläge auf linke Einrichtungen: Rechtsextreme lassen nicht locker

Mehrere linke Einrichtungen sind in Berlin offenbar von Rechtsextremen attackiert worden. Dies und der Polizeieinsatz am Samstag führen zu heftigen Diskussionen.

In der Nacht zu Mittwoch hat es in Berlin mehrere Anschläge offenbar von Rechtsextremen gegeben: Im Büro der Bundestagsabgeordneten Halina Wawzyniak (Linke) in Kreuzberg ging die Frontscheibe zu Bruch, in der Neuköllner Karl-Marx-Straße wurde ein Fenster eingeworfen, an dem ein Anti-Nazi-Plakat hing. Zudem wurde im Hinterhof eines linken Hausprojekts ebenfalls in Kreuzberg Feuer gelegt. Abgeordnete von Grünen und Linkspartei sahen im Verfassungsschutzausschuss einen Zusammenhang mit der Nazi-Demo am vergangenen Samstag.

Ein Mitarbeiter der Stadtreinigung hatte Einwurflöcher an Wawzyniaks Bürofenster am Mehringplatz entdeckt, die Polizei sicherte vier Steine. In der Nähe hatten sich am Samstag rund 110 Rechtsextreme versammelt. Am Protest dagegen hatte sich Wawzyniak beteiligt. "Nachdem meine Beteiligung daran presseöffentlich wurde, liegt die Vermutung nahe, dass es sich um eine politisch motivierte Tat von Rechtsextremen handelt", sagte die Bundestagsabgeordnete. "Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, wäre das der Versuch der Nazis, ihre Gegnerinnen und Gegner einzuschüchtern."

Bei dem Brand im Hausprojekts Reichenberger 63a hatten Bewohner gegen 2.10 Uhr das Feuer an den Papier- und Restmülltonnen bemerkt, die Feuerwehr löschte. Anders als bei den zerstörten Scheiben, wo der Staatsschutz ermittelt, geht die Polizei hier nicht von einem politischen Hintergrund aus. Clara Herrmann (Grüne) berichtete im Verfassungsschutzausschuss des Abgeordnetenhauses zudem, dass Dienstagnacht in Neukölln Massen von NPD-Aufklebern aufgetaucht seien.

Im Ausschuss mussten Innenstaatssekretär Ulrich Freise und Verfassungsschutzchefin Claudia Schmid heftige Kritik für den Polizeieinsatz am Samstag einstecken. Am weitesten ging der CDU-Abgeordnete Andreas Gram, der dem rot-roten Senat Versagen im Kampf gegen Rechtsextremismus vorwarf: "Ich sehe Ihre Politik vor diesem Hintergrund als grandios gescheitert an." Auch Grüne und FDP hinterfragten vor allem, warum die Sicherheitsbehörden die von den rechtsextremen "Autonomen Nationalisten" angemeldete Demo überhaupt zuließen, obwohl diese Gruppe als extrem gewaltbereit gelte. Nicht nachvollziehbar war für die Abgeordneten auch, warum die Polizei den U-Bahnhof Mehringdamm nicht räumte, bevor sie mit nur 60 Mann die 110 Neonazis über den Bahnsteig führte, was die Situation eskalieren ließ. In der letzten Reihe des Ausschusssaals verfolgte Demo-Anmelder Sebastian Schmidtke, zugleich NPD-Vizelandeschef, die Diskussion.

Staatssekretär Freise sah die Sache anders: Die Gewaltbereitschaft habe niemand bestritten, entscheidend sei, wie man damit umgehe. Ansonsten dürfte auch keine Demo am 1. Mai starten, weil dort ebenfalls Gewalt zu erwarten sei. Freise räumte aber Fehler ein. "Es gibt kaum jemanden in der Polizeiführung, der sich deshalb nicht heimlich irgendwo hinbeißt", sagte er. Daraus aber politische Vorwürfe abzuleiten nannte er "Wahlkampfgetöse".

Verfassungsschutzchefin Schmid ordnete die Demonstration als Höhepunkt, nicht aber als Abschluss einer "Ausländer raus"-Kampagne der "Autonomen Nationalisten" ein: "Wir gehen davon aus, dass es weitere Aktivitäten geben wird." Da hatten die Anschläge in Kreuzberg die Diskussion schon eingeholt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.