Neue Heimat für den Terror

Bush bezeichnet den Irak als „zentrale Front“ im Anti-Terror-Krieg und fordert vom Kongress weitere 87 Milliarden Dollar. Die US-Besatzung des Iraks scheint derweil die al-Qaida anzulocken

BERLIN taz ■ Präsident George W. Bush hat den Irak zur „zentralen Front“ im Krieg gegen den Terror erklärt. Mehr als fünf Monate nach dem offiziellen Ende der „Hauptkampfhandlungen“ im Irakkrieg forderte Bush am Sonntagabend (Ortszeit) vom US-Kongress Milliarden Dollar für den Militäreinsatz und von anderen Regierungen militärische und finanzielle Unterstützung. Unterdessen mehren sich die Anzeichen, dass die Besatzung des Iraks immer mehr Anhänger der al-Qaida in das arabische Land lockt.

In einer Fernsehansprache begründete der Präsident seine Forderung über zusätzliche 87 Milliarden Dollar für Irak und Afghanistan mit einer „gründlichen Analyse“ der Bedürfnisse. Der größte Teil – 66 Milliarden Dollar – soll für Militär- und Geheimdienstoperationen ausgegeben werden.

Statt um internationale Hilfe zu bitten, erklärte der US-Präsident, die Mitglieder der Vereinten Nationen hätten nun „die Gelegenheit und die Verantwortung“, eine größere Rolle im Irak einzunehmen. Seine Kommandeure benötigten nicht mehr als die derzeit im Irak stationierten 130.000 Soldaten, sie hätten jedoch eine weitere von den USA angeführte multinationale Brigade für den Irak „angefordert“. Auch finanzielle Unterstützung erwartet Bush: Europa, Japan und die Staaten des Nahen Ostens würden von einem erfolgreichen Irak profitieren. Deshalb sollten sie auch zu „diesem Erfolg beitragen“.

Der Washington Post zufolge, die sich auf Quellen in europäischen, amerikanischen und arabischen Geheimdiensten beruft, soll das Al-Qaida-Netzwerk den Irak als neues Operationsgebiet ausgemacht haben. Vor dem Angriff auf den Irak hatte die US-Regierung stets behauptet, die Führung in Bagdad unterhalte Verbindungen zu al-Qaida, dies jedoch nie belegen können. Auch jetzt sprach Bush wieder davon, im Irak sei ein Regime beseitigt worden, das den Terrorismus unterstützt habe. Gleichzeitig schrieb er die Angriffe aber „ausländischen Terroristen“ zu. Dass der Irak immer mehr Terroristen anzieht, beobachten auch unabhängige Beobachter im Irak.

Europas Regierungen reagierten verhalten auf die Ansprache des US-Präsidenten. Frankreichs Europaministerin Noelle Lenoir bezeichnete die Äußerungen Bushs als „Schritt in die richtige Richtung“. Der deutsche Regierungssprecher Béla Anda sagte, Bush habe mit seiner Rede und dem letzte Woche vorgelegten Entwurf für eine neue UN-Resolution „Bewegung“ in die Sache gebracht. Bundesaußenminister Joschka Fischer unterstrich die Bereitschaft Deutschlands zu humanitärer Hilfe und zur Unterstützung beim Wiederaufbau im Irak. ERIC CHAUVISTRÉ

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